Category: Prosa-Archiv

Muttertagsgedichte und Lieder

Muttertagsgedichte

Liebe Mami,
Du bist ein Schatz,
ich wünsche Dir`nen Arbeitsplatz.
Du gehörst zur Generation
ohne Aussicht auf Pension.
Jetzt hast Du`nen Teilzeitjob.
Die Weltwirtschaft ist mies und grob.
Das Ausplündern im großen Stil
gilt dann viel.
Das versteh ich wirklich nicht
und aus ist mein Gedicht.

Von Ulli Weish


Fernbeziehung

Liebe Mutter!

Bei Oma und mir ist alles in Butter.
Vor Monaten bist du fort um uns zu retten,
jetzt machst du in Österreich Betten.
Du sagst es ist okay,
trotzdem tut‘s mir weh,
für die Pflege von nem Haus
gab’s noch nie Applaus,
Du würdest nie wagen darüber zu klagen,
doch es belastet deinen Magen.
Ich vermiss dich sehr,
wünsch mir Zeit mit dir viel mehr.

(Recht auf) Familie

Liebe Mamas,

ihr sagt mir immer, ich kann das:
klettern, tanzen, rechnen, laufen,
sollen sich doch die anderen die Haare raufen.
Lasst sie reden-
Für mich übertrefft ihr jeden.
Krieg ich mal die Wut
Macht ihr mir Mut,
raus zu gehen, meine Meinung zu sagen,
nicht später zu verzagen,
gar heimlich zu klagen.
Zum Muttertag wünsch ich mir,
viel mehr Familien wie wir.

Obsorge

Liebe Mutti,

die Leute wagten nicht zu fragen,
ich weiß- der Papa hat dich früher oft geschlagen,
wir gingen dann ins Frauenhaus,
wo Gewalt an Frauen ist ein Graus.
Heute, Jahre später, kommt er ohne Zaudern klagen,
er möcht mich öfter bei sich haben.
Denk ich dran wird mir ganz bang,
ob ich mir dann öfter „eine fang“?
Ich danke dir Mama, dies will ich sagen
dass du da bist, ohne fragen
In guten und in schlechten Lagen.

Arbeitsteilung

Liebe Mutti!

Papa wollte doch eh keinen Benz,
sondern nur in Väterkarenz,
doch seinem Chef war das egal,
für den sind Männer mit Kindern ’ne Qual.
Zum Glück fand er bald wieder ‚nen Job,
Für dich war’s der noch größ’re Flop,
weil du heut noch zuhause hockst,
und doch nicht die Firma rockst.
Mama, das ist das Letzte, ich weiß es genau,
denn du bist eine tolle Frau.

Von Lena Rheindorf

Gleichberechtigung

Meine Mama arbeitet hart für ihr Geld,
verdient aber trotzdem viel weniger als die Männerwelt.
Meine Mama demonstriert für Gerechtigkeit,
hat viel erreicht doch der Weg ist noch weit.
Meine Mama ist sehr klug,
doch für Österreich ist das nicht genug.
Am besten Halbtagsjob und weniger Geld,
dann ist zufrieden die Regierungswelt.
Doch sie ist stark und selbstbewusst,
geht auf die Straßen, hast du das gewusst?
Dort trifft sie sich mit vielen Müttern,
ihr eisener Wille lässt sich nicht mehr erschüttern.
Gleichberechtigung soll her,
eine Diskussion gibt’s nimma mehr.
Seit 100 Jahren gefordert- noch nicht durchgebracht,
die Geduld ist am Ende, weil die Regierung wenig macht.
Sie sparen an uns dort und da,
doch den Konzernen krümmen sie kein Haar.
Meine Mama hat davon genug,
ich lieb sie- weil sie was dagegen tut.

Von Ines Knollmüller

Kinderlieder

(Melodie von ‚Heidi’…)
Mama, Mama,
Deine Welt sind die Zwerge.
Mama, Mama,
alle anderen wolln hoch hinaus.
Kinder kriegn’s kane,
dann geht sich die karriere aus.
Leider, leider,
jede kann nicht hoch hinaus.
Holodrio hollodrio hollodrio hollodrio,
hoollararirarirarihollariaho
Mama, Mama,
Deine Sorgen sind so alt,
Mama, Mama,
Und da ändert sich nix so bald.
Kinder, gwschwinder
tu ma uns zam, weil so geht des net.
Weil ma vü san
holodrio….
Mama, Mama,
komm doch heim, find dein Glück.

Von Edda Breit


Mama, Mama,
große Schulden hamma,
und die Grassers sind noch reich
Danke dafür Österreich!

Von Ulli Weish

Meine Mama

Meine Mama ist ein irrer Typ,
geht demonstrieren, kommt dann spät zurück.
Meine Mama kann das wirklich gut,
meine Mama, die hat wirklich Mut.

Ref.: Wenn ihr so eine Mama habt,
dann helft ihr hint‘ und vorn,
sonst kriegt sie einen Zorn,
den Zorn, den kriegt sie nicht auf euch,
sondern auf die Zustände in Österreich!

Von Edda Breit

derStandard Pro & Kontra-Muttertagsgedicht

6. Mai 2011 More

Offener Brief an Johanna Dohnal von ENARA

Liebe Johanna Dohnal!

Wir wünschen Dir alles Gute zum 100. Frauentag. Schade, dass Du nicht mehr bei uns bist. Sicher wärst Du mit uns vor die Kameras getreten, hättest Stellung bezogen gegen das Unrecht, das sich in diesen Tagen und Wochen scheinbar unaufhaltsam seinen Weg bahnt. Wie schon anlässlich der Tötung von Marcus Omofuma hättest Du einmal mehr die Brücke geschlagen zwischen der Frauenbewegung und der Bewegung gegen Rassismus. Dieser Brückenschlag ist heute notwendiger denn je.

Auch in der Bewegung gegen Rassismus wird für den 19. März mobilisiert. Wir wünschen uns, dass die Demonstration der 20.000 ein Erfolg wird. Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, dass die Position der Frauen in unserer Gesellschaft gestärkt wird. Und wir wollen auch nicht verhehlen, dass wir in unseren eigenen Reihen mit der Dominanz der Männer noch viel zu kämpfen haben. Dennoch, liebe Johanna, erlauben wir uns an dieser Stelle, mit Deinen Nachfolgerinnen ein ernstes Wörtchen zu reden.

Wie kann es sein, dass eine Frauenministerin im Ministerrat der zutiefst rassistischen Fremdenrechtnovelle zustimmt? So lange hast Du dafür gekämpft, dass aus der Staatssekretärin für Frauenfragen eine Frauenministerin wird. Mit dieser Position haben Anliegen der Gleichberechtigung endlich ein Vetorecht im Ministerrat. Diese Position ist eine institutionelle Notbremse. Mit ihr ist die Verantwortung verbunden, gravierende Verletzungen der Gleichheit zu verhindern. Aber wenn es um die Migrant_innen geht, wird diese Notbremse nicht benutzt.

Wir können nicht erwarten, dass Deine Nachfolgerinnen Dein politisches Format, Deinen Sinn für Gerechtigkeit und Dein Verhandlungsgeschick haben. Aber zumindest das politische Tauschgeschäft sollten sie beherrschen. Daher stellen wir an dieser Stelle die Frage: Was hat die Frauenministerin dafür erhalten, dass Kinder und Jugendliche ins Gefängnis gesteckt werden können? Welche Zugeständnisse haben die anderen Ministerien für die Sache der Frauen gemacht im Gegenzug für die 7 Tage De-facto-Haft für alle neu ankommenden Asylwerber_innen, die ausnahmslos auch für traumatisierte Folterüberlebende gilt? Bekommt die Frauenministerin dafür in den nächsten Jahren eine flächendeckende
Quotenregelung quer durch Staat und Privatwirtschaft? Gibt es einen Abschiebestopp für Betroffene von Frauenhandel? Bekommen Frauen endlich
Aufenthaltstitel unabhängig von ihren Männern? Was bekommt sie dafür, dass Menschen ohne Verbrechen innerhalb von 24 Monaten für 10 Monate ins Gefängnis gesteckt werden können, nur weil Behörden die Durchführung einer Abschiebung sicherstellen wollen? Was sind solche absurden Verletzungen des Menschenrechts auf persönliche Freiheit wert? Abgesehen davon stehen Menschenrechte eigentlich nicht für politische Tauschgeschäfte zur Verfügung. Menschenrechte setzen vielmehr einen Mindeststandard, der für alle Menschen gleichermaßen gilt und der unantastbar sein sollte. Faktisch jedoch gelten Menschenrechte für Migrant_innen offenbar nur eingeschränkt oder gar nicht. Wer dieses System der Privilegien und der geteilten Menschenrechte stützt, sollte
sich schämen, Worte wie Solidarität und Gleichberechtigung in den Mund
zu nehmen.

Zumal die Fremdenrechtsnovelle Frauen besonders benachteiligt: Die absurd hohen Anforderungen bei den Deutschkenntnissen bedeuten eine besondere Mehrbelastung für ohnehin schon mehrfachbelastete berufstätige Migrantinnen; ebenso eine effektive Benachteiligung für nicht berufstätige Frauen, die über deutlich weniger soziale Kontakte zur deutschsprachigen Mehrheit verfügen. Viele Frauen mit Kindern werden von einem Tag auf den anderen wirtschaftlich alleine dastehen, wenn es schon aufgrund kleiner Verwaltungsdelikte zu Ausweisung und zu mehrjährigem Aufenthaltsverbot in der ganzen EU kommen kann und solchermaßen Familien und Lebensgemeinschaften auseinandergerissen werden. Deutsch vor Zuzug vermindert die Migrationschancen von Frauen in allen Teilen der Welt, wo Deutschkurse verhältnismäßig teuer und nicht gut zu erreichen sind noch viel stärker als jene der Männer. Die besondere Benachteiligung von Frauen im neuen Fremdenrechtspaket läßt sich an den meisten Punkten nachweisen. Bedauerlicherweise fühlt sich auch die Frauenministerin nicht zuständig, auf die Anliegen der Migrantinnen zu achten. Bedauerlicherweise wird seitens der Institutionen kaum etwas dafür getan, dass ein kollektives Bewusstsein von Frauen über alle – auch rassistische – Grenzen hinweg gestärkt wird. Ungleichheit hat eben System.

Liebe Johanna! Dreh Dich nicht um. Ruhe in Frieden. Wir verbleiben in trauriger Solidarität und in der Hoffnung, dass die 20.000 mit uns da sein werden, wenn wir in den nächsten Wochen versuchen, die Absegnung des Fremdenrechtspakets im Parlament zu verhindern.

Gleichheit ist unteilbar.

ENARA – European Network Against Racism Austria
Pascal Ndabalinze (Obmann),
Tirhas Habtu (Obmannstellvertreterin)

PS.: Frauen mit Migrationshintergrund werden durch die vielen verschiedenen Fremdengesetze diskriminiert, sodass ihre Diskriminierung als Frauen nochmal durch diese Gesetze verschlechtert wird. Daher fordert ENARA die Abschaffung aller Sondergesetze für Migrant_innen. Erst dann wird der Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen auf einer gleichen Ebene stattfinden.

In diesem Sinne rufen wir alle Menschen auf, an der Demonstration am 19.
März teilzunehmen!

17. März 2011 More

Delphine Caprice von Judith Essani, 16.03.2011

Delphine Caprice

In Wolkenbildern erscheinst du mir,

meine Traumtochter.

Ich höre dich als Gesang.

Er trägt mich über dunkle Wolkentäler.

In elfengleicher Gestalt streifst du durch die Wälder-

Haare wie Trauerweiden.

Als Hoffnung erscheinst du mir,

auf finstren Pfaden leuchtend.

Dein Vater

ein Pirat der Liebe

brach auf in weite Fernen

seiner Sehnsucht folgend.

Euer Lied erklingt:

strahlender Doppelgesang.

Autorin: Judith Essani

16. März 2011 More

„Nur die selber kämpfen, werden einmal frei“ M. Neuhauser, Wien, April 1932

Zum Frauentag

Durch die Nebeltage

Strahlt ein helles Licht,

Leuchtet, müde Schwester,

Dir ins Angesicht

Stets bist du gefangen

In der Qual der Not

Und es schlägt die Sorge

Dir die Jahre tot

Und du willst nicht kämpfen

Und du duldest stumm,

Denkst, das Schicksal sieht es

Und es weiß darum.

Hoffe nicht auf Fügung:

Schicksal hilft dir nicht,

Schreibt nur Run’ auf Rune

Dir ins Angesicht!

Nur die selber kämpfen,

Werden einmal frei.

Nach den Frühlingsstürmen

Kommt der Blütenmai.

M. Neuhauser

Aus: DIE FRAU Sozialdemokratische Monatsschrift für Politik, Wirtschaft, Frauenfragen, Literatur. Wien, April 1932 / 41. Jahrgang / Nr. 4 / Seite 8.

16. März 2011 More

Frauen – The Invisible Power, von Karin Kuna 2011

Frauen – The Invisible Power. Wir brauchen keine Frauen-Quote, wir fordern eine Politik für Frauen, die Rahmenbedingungen für Frauen schafft.

Schluss mit billigen Plätzen, Weg mit Politikerinnen, die einem Männer-System zuarbeiten.
Ehe ich meine Ideen in Sachen innovativer Jugendmarketing-Strategie präsentierte, nahm mich der Herr Vorstandsdirektor zur Seite und fragte mit besorgter Miene: „Es macht ja nix, wenn wir sagen, dass es das Konzept vom Grafiker ist, oder? So lässt sich das Ganze nämlich den Herren besser verkaufen!“ Aber ja doch – it’s a man’s world. In dieser muss ich mich als Frau, die es kraft eigener Leistung zu „etwas bringen will“, verbiegen und wenden lassen? Überzeugungen und charakterliche Festigkeit verleugnen, um auf dem Boden eines treibsandigen Karriere-Feldes nach der Pfeife einer überstandigen Männerriege zu tanzen? Eine Quotenregelung bedeutet nämlich genau das, dass sich Y-Chromosomenträger mit Dinosaurier-Denkweise anmaßen können, Frauen gnadenhalber den Zutritt in ihren Herrenclub zu erlauben. Die Quotenregelung ist das Feigenblatt einer verlogenen Frauenpolitik, die eine zähmende Frauen-Gleichmache insistiert. Vater-Töchter, die brav und leistungsorientiert, adrett und herzeigbar agieren, warten geduldig am Karriere-Feldrand, bis sie aufgerufen werden?

Wir Frauen brauchen keine Gnadenakte – wir verlangen Rahmenbedingungen, die Berufsausübung, Kinderkriegen und Familienleben ermöglichen. Also her mit den Geldtöpfen, in die wir Frauen genauso einzahlen, um so lebensnotwendige Projekte wie Transparenz-Datenbank, Asfinag-Schiebereien und ÖBB-Dahinwurschteln mitzufinanzieren. „Nur weil wir uns daran gewöhnt haben, ist es lange nicht normal!“ (Kettcar). Es ist Zeit die Phase der Umgewöhnung zu beschleunigen, den Polit-Retro-Männern und -Frauen muss endlich Spielverbot und Platzverweis erteilt werden.

Teil 1 – zum Nachdenken.
Ob die folgenden Zeilen eine Frau oder einen Mann porträtieren, macht einen gewaltigen Unterschied: Die Reaktionen, um nicht das böse Wort „Bewertungen“ zu verwenden, fallen nämlich je nach geschlechtsspezifischer Zuordnung anders aus.
Person X. (48) hat drei Kinder (heute 28, 27, 21) in den letzten zwanzig Jahren alleine „groß gebracht“ und fast im Alleingang auch ernährt, wenn man von Alimente-Zahlungen unter der Mindestgrenze absieht. Mangels Kinder-Betreuungseinrichtungen und leistbarer Unterstützung ist an eine „normale Berufsausübung“ nicht zu denken, der Weg in die Selbstständigkeit bleibt als einzige Alternative. Nach Jahren, in denen 16-20 Stunden-Tage und Wochenend-Arbeit zur Normalität werden, erkrankt X. schwer. Die Kinder (damals 17, 16, 11jährige GymnasialschülerInnen) bleiben mit der Situation allein, der Rest der Familienangehörigen zeigt sich in dieser Notlage nicht zuständig. Nach zwischenzeitlichem „Derrappeln“ kommt der nächste Schicksalsschlag: Burn-Out, Tumor-Erkrankungen, X. wird um Gewinnbeteiligung betrogen und von den Verwandten, die ihrerseits umfangreiche Hilfestellung als selbstverständlich konsumiert haben, nun endgültig fallen gelassen. Ganzheitliche Alternativ-Therapie und radikale Lebensumstellung machen X. wieder gesund, über Monate bleiben Arbeitsunfähigkeit und letztlich Bezug der Notstandshilfe. Auf Letztere verzichtet X. aus psycho-hygienischen Gründen, vor allem auch aus Scham (und geht vorübergehend ins „landwirtschaftliche Tagwerk“ im Sinne von Nachbarschaftshilfe arbeiten, um Wohnrecht zu behalten; Freundinnen und Freunde helfen immer wieder mit Geldbeträgen aus). Heute ist X. lebensfroh und gesund, legt Fokus gänzlich auf Neustart, um die reichhaltige, berufliche Erfahrung in Schaffen umwandeln zu können. Bisher negativ, was die Auftragslage betrifft, aber X. denkt nicht daran, aufzugeben.
Ist dies nun die Geschichte einer Frau, die nur realitätsfern agiert und offensichtlich z’deppert ist, sich Recht zu verschaffen? Oder ist es doch die Geschichte eines Mannes, der schlicht bewundernswert und mit offensichtlich großem Herzen sein Schicksal meistert?

Teil 2 – zum Vordenken.
Egal ob Mann oder Frau. Was Wirtschaft in beiden Welten steuert, ist die Aufrechterhaltung der Balance von Angebot und Nachfrage: Um zu verdienen, muss man produzieren, was die Leute kaufen oder eintauschen wollen, was sie nur dann tun, wenn sie sich entsprechenden Nutzen erwarten. Soweit stark verkürzt die volkswirtschaftlichen Ausführungen von Adam Smith , der seine Theorie mit der Metapher der „Invisible Hand“ als eine Art automatische Marktregulierung beschreibt. Was aber, wenn es in dieser Gleichung der marktwirtschaftlichen Rechnung noch eine unsichtbare, bisher nicht kalkulierte Komponente gibt? Also eine als selbstverständlich angenommene Konstante, die in der Sprache der Volkswirtschaft sehr wohl als „Nutzen maximierend“ für die Allgemeinheit zu bezeichnen ist, obwohl das nachgefragte Produkt nicht „Gewinn bringend“ von der produzierenden/ leistenden Person im Sinne der Marktregelung verkauft wird/ verkauft werden kann? Mit der zitierten „Komponente“ meine ich nichts anderes, als den unentgeltlichen Beitrag von (in den meisten Fällen) Frauen in Sachen Kindererziehung, -betreuung, -versorgung, sowie der Pflegedienstleistung kranker Familienangehöriger und – speziell in ländlichen Regionen – immer noch einer „selbstverständlichen“ Altenpflege. In Anlehnung an Adam Smith’s „Invisible Hand“ nenne ich diesen unbeachteten Beitrag zur Volkswirtschaft „Invisible Power“. Diese unsichtbare Kraft nämlich lässt den Wirtschaftsmotor erst rund laufen, wird als Treibstoff-Zusatz aber kaum erwähnt, mit Ausnahmen: Im Zuge der Pflege-Debatte ist diese Leistung von Frauen plötzlich mehr als eine Worthülse, im Zuge von Diskussionen um verhaltenskreative Kinder und auffällige Jugendliche stehen sehr wohl Familien-Rahmenbedingungen, vor allem die Definition von Mutterrolle (wo bleibt die des Vaters?!) im Mittelpunkt.

Denn an vorderster Front sind es die Mütter, die – wenn es nach Volksmeinung und Boulevard geht – versagen, die ihrer Erziehungs- und Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind, wenn „was passiert“. Nein, diese Mütter waren nicht unabkömmlich bei der Vorstandssitzung, sie haben auch keine neuen Forderungen im Bauernbund (nicht Bäuerinnenbund!) mitbestimmt oder grad eine Bauverhandlung geleitet, während der Junior zum Beispiel Schulanwesenheitspflicht als sinnlos-faden Zeitvertreib vom Tagesplan streicht. Sind viele Mütter einfach nur zu müde durch ständige Unter- oder Nichtbezahlung bei gleichzeitiger Überforderung durch „Alltag-Geschäfte“ im Alleingang? Wer kann sich schon in die Situation des täglich grüßenden Finanz-Murmeltieres „warum ist Ende des Geldes noch so viel Monat übrig?“ einfühlen? Und weiß daher, wie sehr konstanter Geldmangel zermürbt, Schuldgefühle und allgemeines Versagen impliziert.
Die Sache schaut gleich anders aus, wenn diese zitierte „Invisible Power“, also die anonymen Gratis-Leistungen aus Frauenkraft endlich beziffert werden, als Geld-Summe dargestellt und somit als Gegen-Wert ausgedrückt werden. Nur so wird ein erfassbarer und gegenständlicher Wert darstellbar, dergestalt muss endlich Bewusstsein geschaffen werden für Gender-Budgeting. Frauen müssen für eine Steuerverteilung-Gerechtigkeit kämpfen – eine Gegenüberstellung bezifferter und in Geldsummen ausgedrückter Leistungen genannter „Invisible Power“ muss im Verhältnis zur Verwendung von Steuermitteln und öffentlichen Geldern stehen. Die „Invisible Power“ gilt es deshalb sichtbar zu machen, um als entsprechend „powerful“ erkannt und als Leistung aus eigener Frauen-Kraft verstanden zu werden.

Politikerinnen, die sich zwar gerne als „Frauen-Vertreterinnen“ positionieren, aber letztlich nur sagen, was die Männer in ihren Parteien erlauben, verstehen freilich den Grant ambitionierter Geschlechtsgenossinnen kaum. Denn: Wer sich mit politischen Karrieren beschäftigt, weiß auch, dass es nicht jene innerhalb einer Partei nach oben schaffen, die innovative Ideen und Kampfeslust mitbringen, oder gar an Überzeugungen festhalten. Es sind vor allem jene Frauen, die sich möglichst geschmeidig einer männlich dominierten Parteidisziplin unterwerfen und im Sinne dieser auch das dümmste Zeug mit abstimmen. Die Grünen in Niederösterreich etwa haben mit derartiger Koketterie-Vorgabe in Richtung VP-Anbiederung alle Kanten und Ecken verloren, ein trauriges Beispiel aus Pröllistan bietet auch die besondere Situation in Krems. Denn hier hätte zwar offiziell eine Frau als VP-Bürgermeisterin Gestaltungsmöglichkeiten, stattdessen aber verantwortet die gebürtige Kärntnerin als handschüttelnder Grinse-Dummie seit mehr als zehn Jahren eine zutiefst unsoziale, frauen- und jugendfeindliche Stadt-Entwicklung mit.
Die Schulstadt Krems etwa verfügt weder über ein funktionierendes, autonomes Jugendzentrum, noch wurde in der politisch kontrollierten Kunstmeilen-Enge einer freien Kulturkreativ-(Jugend-)Szene Platz gelassen. Eine solche ist schon vor Jahren sukzessive – und politisch geradezu verfolgt – abgedreht worden, stattdessen werden „Mächtigkeits-Sauf-Events“ wie Marillen- und Beislfest – die politisch Korrekte, also VP-nahe Menschen organisieren – mit öffentlichen Subventionen bedacht. Krems hält traurige Rekordzahlen in Sachen Drogenmissbrauch und hat tragische Bekanntheit durch einen verwaschenen Polizei-Skandal um ein erschossenes Kind, einen jugendlichen Einbrecher aus dem „Kremser Problemviertel“. Ein Frauenhaus, das laut SozialarbeiterInnen dringend und für das Einzugsgebiet Waldviertel mehr als notwendig wäre, ist in Krems seit mehr als zwanzig Jahren nicht zu finanzieren. Für moderne Kinder-Betreuungseinrichtungen, innovativ organisierte Schülerhorte oder gar Kinderkrippen gibt es kein Geld, dafür aber kann eine Erweiterung der Donau-Uni um eine Elite-Medizin-Uni bezahlt werden? In einer Stadt, die auf Grund völlig überforderter, unfähiger Wirtschaftspartei-PolitikerInnen de facto pleite ist? Gemeinde- und Stadträtinnen, Bürgermeisterin etwa sind als „Polit-Frauen“ schon länger im Kremser Amt, besetzen Positionen mehr, als sie sie mit Leben füllen, haben sich zum Teil warm gebettet im niederösterreichischen Landespolit-Filz. Nicht im Sinne von ernstgemeinter Frauenpolitik agieren sie, sie funktionieren im Sinne der Vorgaben einer Männer-Politik, fungieren lediglich als Wasserträgerinnen, was sie als „Karriere“ und nicht als Verrat an Frauen-Politik verstehen. Keine Frage von Quote, sondern von Haltung.


Teil 3 – zum Umdenken.

„Geht’s eh noch, Herr Mitterlehner?“
Das ist wohl die natürlich Reaktion auf das Zugeständnis von Reinhold Mitterlehner, der verkündet, die Frauenquote in den Vorständen staatsnaher Betriebe schrittweise (!) und „Gotterkeit“ auf 30 Prozent anzuheben. Da ist sie wieder, die Crux der Quotenregelung – sie ist das Papier nicht wert, solange es nur beim theoretischen und kosmetischen Ansatz bleibt, aber keinerlei Budget-Verschiebungen hin zu konstruktiver Frauenförderung getätigt werden. Was wir Frauen wollen, ist keine Platzgarantie für einige, wenige Jagd-, Golf- oder Weinkost-Fanatikerinnen – wir fordern eine sofortige, finanzielle Stärkung des Sozial- und Bildungsressorts, denn dort sind vor allem „unsere“ Berufe angesiedelt, sowie „unsere“ Ressourcen-Fresser versteckt. Es muss eine Aufwertung aller Pflege- und Lehrberufe (Kindergarten und Schule) geben, samt entsprechender Gehaltsanpassungen an männliche Richtlinien, es braucht die unmittelbare Realisierung innovativer Kindergarten- und Schulmodelle, außerdem müssen die „Invisible Power“-Leistungen transparent gemacht werden. Erst wenn diese sozialen Rahmenbedingungen dem Wissens- und Entwicklungsstand des 21. Jhs. entsprechen, erst dann reden wir weiter über die männlichen Abenteuerspielplätze wie Bundesheer und noch mehr sinnlose, ökologisch-alte Autobahn-Projekte oder teure Gedächtnis-Bahnstollen, über die bodenlose Frechheit von Banken-Rettungspaketen und Multi-Subventionen landwirtschaftlicher Betriebe zur Umsatzsteigerung im Raiffeisen-Lagerhaus.

Denn unsere Interessen, liebe Frauen, hängen mit den Interessen eines Sozial-Staates zusammen. Wenn wir diesen sukzessive zerstören (lassen), zerstören wir die Zukunfts- und Berufschancen von Frauen gleichermaßen – es wird Zeit, dass wir von den billigen Plätzen aufstehen und Politik im Sinne von uns Frauen einfordern, dass wir dem „Konzept der symbolischen Gewalt, dem Problem der Herrschaft und Dominanz des Männlichen“ abschwören (vgl. Pierre Bourdieu ).
Machen wir uns nichts vor: Wir müssen jetzt für Frauenrechte kämpfen, nicht leiden. Die Polarität in den Fragestellungen – Beruf oder Kinder? Familie oder Beruf? Kinder und Familie? – kann nicht länger die Lebensentscheidungen von Frauen definieren. Die Antwort muss heissen können: Beruf und Kinder und Familie – oder wie immer frau ihr Leben gestalten möchte! Wir brauchen keine Frauen-Quote, wir brauchen Frauen-Politik, die Rahmenbedingungen für Frauen und ihre Lebensumfelder schafft. Politikerinnen, die dem Männer-System zuarbeiten, müssen weg. Vielleicht wird es ja auch Zeit für eine eigene Frauen-Partei…

Karin Kuna (48), Marketing- und Werbe-Arbeiterin, freie Journalistin; studiert Europäische Ethnologie; lebt in NÖ und Wien.

7. März 2011 More

2011-03-02 „Einfach gesagt“ von Monika Kazda

gott hat mann und frau erschaffen.
zu gleichen teilen
also
ist die welt männlich und weiblich
nun eignet sich der mann das meiste zu
wie soll die welt da im gleichgewicht bleiben

kinder schreien alle schreie
die sie vorher nie geschrien haben

arbeitslosigkeit – pflegenotstand – frauendiskriminierung – bildungsnotstand
gebetsmühlenartig tagtäglich
inzwischen ersäuft das volk in gesetzen

dieser staat fault von innen
mit weißen hemdärmeln
korrupt bis auf die knochen

desto mehr die menschen
den kopf in den sand stecken
desto mehr schaut der arsch heraus

frauen gehen wir auf die straße
alle —
in allen ländern dieser erde
für den frieden – für die liebe
für verstehen- -für ein miteinander

frauen gehen wir auf die straße
alle
in allen ländern dieser erde

frauen teilen wir
reden wir
lassen wir nicht zu
nicht nur lindern
sondern verhindern
sei unser ziel

frauen gehen wir auf die straße
alle
in allen ländern dieser erde

nicht nur trösten
tragen und trauern
sondern mitgestalten
mitverwalten
sei unser ziel

3. März 2011 More

2011-02-24, Essani, Judith, Hommage an Berthold Brecht

Hommage an Bertold Brecht

Solidaritätslied (Fassung März 2011)
Vorwärts, und nie vergessen
worin unsre stärke besteht!
Beim Hungern und beim Essen
vorwärts und nie vergessen die Solidarität!

Auf ihr Frauen dieser Erde!
einigt euch in diesem sinn:
dass sie jetzt die eure werde
und die große Nährerin.

Vorwärts, und nie vergessen
worin unsre Stärke besteht!

Blonde, Braune, Rote, Graue!
Endet mit der Geiferei!

Träumen erst wir Frauen selber
werden wir bald einig sein!

Vorwärts, und nie vergessen
worin unsre Macht besteht!

Beim Schmusen und beim Essen
vorwärts, und nie vergessen: die Solidarität!

Wollen wir alles bald erreichen
brauchen wir noch dich und dich.

Wer im Stich lässt seinesgleichen
lässt ja nur sich selbst im Stich

Unsre Herrn, wer sie auch seien
sehen unsre Zwietracht gern

Denn solang sie uns entzweien
bleiben sie doch unsre Herrn.

Vorwärts und nie vergessen
die Frage an jede gestellt
willst du hungern oder essen
wessen Morgen ist der Morgen?
wessen Welt ist die Welt?

25. Februar 2011 More

2011-02-01, Essani, Judith, Gesang von ganz unten

Gesang von ganz unten

Da unten ist ein Keller, ein Keller, in den ich nie wieder hinabsteigen werde.

Da unten ist ein UNOrt.
Dunkel.

Irgendwann hab ich diesen Ort abgesperrt, durchtrennt,
mit Stacheldraht umzäunt.

Verbannt aus meiner Körperlandkarte.

Da unten ist Sperrzone.
Kein Zutritt für Emotionen.
Kein Platz für Lebendiges.
Hingabe, Lust, Zärtlichkeit?

Zum Teufel damit!
Irgendwann hab ich alles Helle ausgelöscht.
Tabula rasa!

Schwärze der Nacht!

Da unten erklingt ein stummer Gesang.
Ein Gesang aus ferner Zeit.
Ein Gesang.

Mutig.
Klang.
Ein Klang, der Wohlklang war

Frei,
unbeschwert,
ungezähmt.

Da unten sang es einen wilden Tanz.
Da unten sang es.
Da unten.

Einst.
Einst da unten.

25. Februar 2011 More

2011, Dürr, Sylvia, Tirol, Immer noch

Immer noch
bist du zuerst aufgetakelt, dann aber irgendwann abgetakelt
Immer noch
sieht man dich als Lustobjekt halbnackt auf der Titelseite
Immer noch
schaut er interessant, du aber alt aus
Immer noch
nimmt er sich eine Jüngere und wirft dich Alte nach Benutzung weg
Immer noch
wirst du als Sex- Ware Frau von jedem 2. Mann gekauft
Immer noch
wirst du belästigt auf der Straße wegen deines Minirocks, am Arbeitsplatz, weil du charmant bist, daheim, weil du JETZT keinen Sex willst
Immer noch
gibt es diese wenigen Häuser für dich,- auf der Flucht vor deinem gewalttätigen Mann
Immer noch
kriegst du nicht dieselbe Kohle für die gleiche Maloche, dafür leistest du die Haus- und Erziehungsarbeit zum Nulltarif
Immer noch
werden deine Schwestern in Nachbarländern gesteinigt, verstümmelt, wenn sie nicht willens sind, ihrem Gebieter zu gehorchen

WIE LANGE NOCH?

22. Februar 2011 More

2011, Dürr, Sylvia, Tirol, Aufruf zu 100 Jahre internationaler Frauentag

100 Jahre internationaler Frauentag.
19. März 1911: Erste große Demo von 20 000 Frauen in Wien.
2011: Ein Grund zum Feiern?

Die Frau ist immer noch „das andere, das zweite Geschlecht“:
Der Mann denkt sich ohne die Frau. Sie aber denkt sich nicht ohne den Mann. (Simone De Beauvoir)

Höchste Zeit, diesen unwürdigen Missstand, der sich wie eine träge zähe Masse durch die Jahrhunderte zieht, zu beenden.

Wir fordern unmissverständlich:

  • – dass Frauen nicht weiter auf ihr Geschlecht reduziert und dadurch diskriminiert werden
  • – Gleichberechtigung und Gleichstellung auf allen Ebenen
  • – sinnvolle Arbeit mit entsprechendem Lohn
  • – Ausbau von staatlichen Erziehungsstätten, Gratisganztagesbetreuungen und -schulen
  • – uneingeschränkter Zugang zu Bildung
  • – keine Kriegsmaschinerie, keinen Wehrdienst

Wir wollen NICHT in einer Welt leben, die aufgrund ökonomischer Interessen restlos ausgebeutet und kaputt gewirtschaftet wird. Unsere Kinder sollen im solidarischen Miteinander in einer gesunden Umwelt aufwachsen können und nicht nur auf Konsum fixiert sein.

Dazu gehört das Zusammentun ALLER im Kampf gegen menschenverachtenden Kapitalismus und gegen die Verdummung durch die Medien.

WEHRT EUCH, FRAUEN! STEHT ENDLICH AUF UND NEHMT DIE VERANTWORTUNG SELBST IN DIE HAND!

22. Februar 2011 More

2011-02-17 ZORN? von Judith Essani

ZORN?

wo der zorn wohnt, fragst du mich?

der zorn?

mein zorn?

nur schweigen.

den sitz der sehnsucht nenn ich dir.

den sitz der ohnmacht,

den sitz der hingabe.

wo der zorn wohnt, fragst du mich?

der zorn?

mein zorn?

wohin nur hat sich mein zorn verkrochen?

ins zähneknirschen?

ins stirnrunzeln?

in den schmerz der tage?

wo der zorn wohnt, fragst du mich?

der zorn?

mein zorn?

ich schweige.

Autorin: Judith Essani (Schreibclub Kufstein)

17. Februar 2011 More