Familiäre Pflege: Unzureichende staatliche Unterstützung

Ö1 Mittagsjournal vom 29.03.2011 12:00:00

Familiäre Pflege: Unzureichende staatliche Unterstützung

Arnim-Ellissen Hubert (ORF)
Alte, behinderte und kranke Menschen werden in Österreich zum größten Teil von ihren Angehörigen gepflegt und nicht in Pflegeheimen. Das zehrt an der Kraft und an den Nerven die Interessensgemeinschaft pflegender Angehöriger fordert, dass der Staat jeden zumindest einen Pflegefreien Tag pro Monat finanziert. Bernd Kohschuh informiert-

Kohschuh Bernt (ORF)
Schon im Jahr 2002 hat eine Mikrostudie ergeben, dass rund 425000 Menschen in Österreich Angehörige pflegen. Seither dürfte es einen deutlichen Anstieg auf etwa 500000 gegeben haben, sagt Ulrike Schneider Leiterin des Forschungsinstituts für Altersökonomie an der Wirtschaftsuniversität. Aber auch die damaligen und bis heute aktuellsten Zahlen seien imposant.

Schneider Ulrike (Privat)
Da kämen bei dieser Umrechnung dessen was alleine 2002 geleistet wurde 130000 Arbeitsplätze Vollzeit heraus und das ist mehr als wir an Beschäftigung der Alten- und Behindertenbetreuung im offiziellen Bereich.

Kohschuh Bernt (ORF)
Vor allem Ehepartner, Töchter und Schwiegertöchter, also Großteils Frauen pflegen ihre Verwandten, oft trotz des enormen Arbeitsaufwands, trotz persönlicher und familiärer Spannungen, zwischen Pflegling und pflegender Person und oft Jahrzehntelang. Katharina Pils, Rot-Kreuz Chefärztin und Spitalsärztin:

Pils Katharina (SMZ Sophienspital)
Wir haben jetzt eine Patientin nach Oberschenkelbruch nach Hause entlassen, eine über 80 Jährige Dame, die sich so sehr bemüht hat möglichst fit zu werden, damit sie ihre behinderte Tochter wieder pflegen kann. Diese behinderte Tochter ist weit über 50, sie kann kaum sprechen und niemand sagt, was diese Frau in den letzten 50 Jahren geleistet hat.

Kohschuh Bernt (ORF)
Vielfach fehle es an Unterstützung von anderen Verwandten und auch an ausreichender finanzieller Unterstützung vom Staat. Birgit Meinhard–Schiebel, die Präsidentin der vor einem Jahr gegründeten Interessensgemeinschaft Pflegender Angehöriger fordert daher unter anderem einen gesetzlich garantierten pflegefreien Tag pro Monat für jeden Pflegenden.

Meinhard-Schiebel Birgit (IG pflegender Angehöriger)
Es muss die Möglichkeit geben einen Anspruch darauf zu erheben in jedem Monat mindestens einen Tag bekomme ich eine finanzielle Unterstützung um mir für meine Auszeit eine Person holen zu können, die ich damit finanzieren kann.

Kohschuh Bernt (ORF)
Zusätzlich zum Pflegegeld?

Meinhard-Schiebel Birgit (IG pflegender Angehöriger)
Zusätzlich.

Kohschuh Bernt (ORF)
Aber auch eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes wünscht sich die Interessensgemeinschaft, sowie flächendeckende Beratungsstellen für pflegende Angehörige und die Möglichkeit von Pflegeteilzeit und Pflegekarenz. Letztere ist im Regierungsprogramm auch vorgesehen, beim Pflegegeld hingegen hat der Gesetzgeber zuletzt Sparmaßnahmen beschlossen.