Frauenministerin Heinisch-Hosek: Der offene feministische Diskurs soll Tradition werden
Die Ministerin versprach zum Abschluss der Frauenenquete die Fortsetzung der Diskussionen auch in den Bundesländern
Wien (OTS) – „Wir Politikerinnen verlieren im Alltag viel zu oft
den Zugang zu Visionen und Utopien“, sagte Frauenministerin Gabriele
Heinisch-Hosek zum Abschluss der Frauenenquete ARBEIT.NEU.DENKEN. im
Wiener Schloss Laudon. „Daher sind offene feministische Diskurse wie
dieser ganz besonders wertvoll für mich. Ich möchte die Anregung
vieler Teilnehmerinnen sehr gern annehmen, diese Enqueten
fortzuführen und sie zur Tradition werden zu lassen.“
Davor hatten die Schweizer Ökonomin Mascha Madörin, die
österreichische Politikwissenschafterin Margit Appel von der
katholischen Sozialakademie und die deutsche Soziologin und
Philosophin Frigga Haug ihre Analysen und Thesen von der Zukunft der
weiblichen Arbeit dargelegt.
Mascha Madörin brachte den Begriff der Care-Ökonomie in die Debatte
ein. Dabei handelt es sich um jenen Teil von Gesellschaft und
Wirtschaft, in dem bezahlte und unbezahlte persönliche
Dienstleistungen erbracht werden und dies mehrheitlich von Frauen.
Dieser Bereich, so Madörin, sei wesentlich für die Wohlfahrtsökonomie
und den Lebensstandard einer Gesellschaft, werde aber großteils
deutlich unterdurchschnittlich oder gar nicht bezahlt. Übernimmt
nicht der Staat die steigenden Kosten für Gesundheitsbereich, Pflege
und Bildung, drohe ein düsteres Szenario: Die Lohnschere werde weiter
aufgehen, Working Poor und weibliche Gratisarbeit zunehmen. Dringend
gefordert seien daher eine weibliche Wirtschaftspolitik und
keynesianistische Denkmodelle.
Margit Appel plädierte für ein bedingungsloses Grundeinkommen, das
Frauen ermögliche, aus der patriarchalisch-kapitalistischen
Hierarchie auszubrechen. Frauen seien im Arbeitsmarkt nie wirklich
angekommen, sie könnten sich durch Erwerbsarbeit kaum Status und
Identitätsstiftung sichern. Und sie seien immer noch für die
Reproduktionsarbeit der Gesellschaft zuständig: Die
Geschlechterungleichheit sei das Schmieröl für das Funktionieren des
Systems.
Frigga Haug, renommierte Visionärin der Frauenbewegung, rief zur
radikalen Aufteilung aller Arbeit auf. Die klassische Erwerbsarbeit
solle auf vier Stunden täglich reduziert werden, sie forderte damit
„Teilzeit für alle.“ Ebenso auf alle aufgeteilt werden müsse die Zeit
für persönliche Fürsorge, für die Arbeit für das Gemeinwesen und
politisches Engagement, sowie die Arbeit an der persönlichen
Weiterentwicklung, die Beschäftigung mit Politik, Kunst und Kultur.
Auf diese Utopie könne auch die Politik ihre Fernziele begründen.
In Arbeitsgruppen wurden die Themen vertieft und Lösungsansätze
entwickelt. Die Frauenministerin kündigte an, dass sie diese
Diskussionsergebnisse noch einmal durchstudieren werde, um sie in die
politische Praxis hinein formulieren zu können. Auch die Anregung,
den ländlichen Raum nicht zu übersehen, griff Heinisch-Hosek gerne
auf: „Ja, wir sollten mit dem Frauendiskurs auch aufs Land ziehen und
in die Bundesländer hinaus. Wir werden weiterwandern wie Nomadinnen,
damit Visionen Wirklichkeit werden.“
Quelle: www.ots.at