Heinisch-Hosek in der Pressestunde

04.03.2012

Schnabl Susanne (ORF)
Frau Ministerin, da kämpfen Sie in vielen Bereichen nach wie vor gegen Windmühlen. Auch in Ihrer zweiten Funktion als Ministerin im Öffentlichen Dienst kämpfen Sie – wer die Beamtengewerkschaft kennt, oft gegen Betonpflöcke, allen voran gegen den streitbaren Beamtengewerkschaftschef Fritz Neugebauer. Jetzt haben Sie Herrn Neugebauer in den Sparpaketverhandlungen immerhin einen milliardenschweren Beitrag abringen, abknöpfen können, aber was macht Sie denn so zuversichtlich? Wenn am Dienstag im Ministerrat das Paket beschlossen wird, dass es auch genau so durch das Parlament geht und das die Maßnahmen im Öffentlichen Dienst genau diese Milliardensummen auch tatsächlich abwerfen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Da verlasse ich mich sehr auf die Sozialpartner, wir haben intensive Verhandlungen gehabt, wie Sie gerade auch betont haben, und das Wort Beton ist hier natürlich nicht von ungefähr, aber letztendlich ist es gut und richtig und wichtig, dass der Öffentliche Dienst einen großen Beitrag zu diesem Konsolidierungspaket leistet – und da verlasse ich mich auf meine Gewerkschaft, da verlasse ich mich darauf, dass das, was ausgemacht ist, natürlich auch in der parlamentarischen Verhandlung hält, und dass es genauso beschlossen wird. Immerhin sind es insgesamt doch 2,5 Milliarden Euro, die hier der Öffentliche Dienst im weitesten Dienst bringt und für dieses Sparpaket auch diesen Anteil leistet.

Schnabl Susanne (ORF)
Sie rechnen zu den 2,5 Milliarden Euro auch gewisse Verwaltungsreformen, oder wie Kritiker sagen, Reförmchen, dazu, Sie sagen, Sie sind optimistisch. Aber ganz ehrlich: Wenn man sich die Gewerkschaft auch in den letzten Tagen anhört, dann scheint das nicht so in Stein gemeißelt zu sein – als kurzen Beleg dazu hören wir uns den streitbaren Beamtengewerkschaftschef Fritz Neugebauer an, der hat nämlich unmittelbar nach der Präsentation des Sparpaketes folgendes gesagt, ob er sich nun daran halten will oder nicht:

Neugebauer Fritz (GÖD – Gewerkschaft Öffentlicher Dienst)
Der Vorschlag der Regierung, 2013 null zu machen, 2014 ein Prozent und so quasi eine Abschlagszahlung, ist ein Vorschlag, und es ist ja auch vereinbart, das wir durchaus einen anderen Vorschlag, der sich innerhalb des gesamten Budgetrahmens bewegt, durchaus machen können. Und dann gibt es natürlich einen zweiten Teil, der verschiedene verwaltungsreformatorische Aspekte, allerdings in sehr bescheidenem Ausmaß, darstellt, und über den ist noch zu verhandeln, das ist nicht zu Ende.

Schnabl Susanne (ORF)
Das klingt nicht nach uneingeschränkter Zustimmung, Frau Minister.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Also ich sage einmal, eine Nulllohnrunde und eine moderate Runde im nächsten Jahr werden 1,1 Milliarden Euro herein spülen, das ist wirklich ein großer Beitrag, den unsere Öffentlich Bediensteten hier leisten, und nachdem der Budgetpfad feststeht, gehe ich davon aus, dass das hält.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Jetzt gibt es ja von Seiten sozialdemokratischer GewerkschafterInnen immer auch das Argument, dass die Kaufkraft geschwächt werden kann, wenn eine Nulllohnrunde erfolgt – das war ja bei früheren Verhandlungen auch sehr oft das Argument. Ist das eigentlich mitbedacht und macht Ihnen das keine Sorgen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Macht mir keine Sorgen, denn unsere Öffentlich Bediensteten können sicher sein – und das war auch in Verhandlung, das jedes Jahr ein Bieniensprung erfolgt, das heißt, es sind zweijährige Sprünge, das heißt, unsere Beamten, Beamtinnen und Vertragsbediensteten können auch – sage ich, und das sagt auch die Gewerkschaft, sonst hätten sie nicht zugestimmt – eine Nulllohnrunde verkraften. Wenn wir uns überlegen, was in anderen europäischen Ländern im Öffentlichen Dienst passiert, da werden Menschen abgebaut, da werden Gehälter gekürzt bis zu 15 Prozent, dann glaube ich, dass die Kaufkraft in Österreich für die Öffentlich Bediensteten nicht geschwächt ist, wenn sie diesen Beitrag leisten.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Im Nationalrat muss dieses Sparpaket beschlossen werden. Jetzt gibt es nicht nur von Seiten des Herrn Bundespräsidenten, sondern auch von Seiten der Klubobleute in letzter Zeit vermehrt Anzeichen, dass der Nationalrat hier ein neues Selbstbewusstsein entwickelt. Haben Sie nicht die Sorge, dass im Zuge der parlamentarischen Behandlungen dieses Sparpaket und namentlich der Teil, der Sie selbst betrifft, noch verändert werden könnte?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Diese Sorge habe ich nicht. Natürlich, das Parlament ist die gesetzgebende Körperschaft, letztendlich werden dort alle Endabstimmungen passieren, aber wir haben im Vorfeld wirklich genau diskutiert, und ich glaube schon, das all diese Vorhaben auch halten werden, denn das ist ein Beitrag zu einem riesigen Stabilitätspaket, einem, das seit der zweiten Republik nicht geschnürt wurde, und da leistet jeder seinen Beitrag, auch der Öffentliche Dienst, und da bin ich sehr zuversichtlich.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber Frau Minister, im Nationalrat, da werden die gesetzlichen Maßnahmen geschnürt. In Sachen Nulllohnrunde und auch die moderate, nennen wir sie Mini-Lohnrunde für 2014, da haben Sie kein Gesetz in der Hand, da gibt es nichts schriftliches. Also um noch einmal auf die Frage zurückzukommen, die Gewerkschaft sagt, ändern sich die Rahmenbedingungen, zieht die Inflation an, dann müssen wir, Zitat Herr Schnedl im „Report“ am Dienstag, „nachverhandeln“. Was macht Sie so sicher?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Das ist richtig, die Nulllohnrunde, der moderate Gehaltsabschluss, werden sich nicht wieder finden in einem Gesetz und dennoch gehe ich davon aus, dass die Summen, die in diesem Stabilitätspaket jetzt eingepreist sind, halten – und daher können wir hier gar nicht weggehen davon, dass wir eine Nulllohnrunde nächstes Jahr und übernächstes Jahr, eine moderate Gehaltsrunde mit der Gewerkschaft, natürlich in Abstimmung verhandeln werden und dass es so bleiben und halten wird.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Die Nulllohnrunde wird ja auch notwendig, weil Sie für 2012 einen sehr hohen Gehaltsabschluss bei den Öffentlich Bediensteten hatten, man könnte auch sagen, einen fahrlässig hohen Abschluss mit 2,95 Prozent. Warum eigentlich kam dieser hohe Abschluss zustande, man wusste ja damals schon, welche Probleme eigentlich auf uns zukommen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Von fahrlässig keine Rede, warum? Die Metaller haben mit 4,75 Prozent abgeschlossen – wir müssen uns die Gegebenheiten damals ja anschauen, wie war das, wie ist das zustande gekommen? Und unsere berechnete Inflationsrate für den Öffentlichen Dienst, die betrug 2,95 Prozent – und nicht mehr und nicht weniger war dann der Abschluss. Genau die Kaufkraftabgeltung betrug den Abschluss, für die kleineren Gehälter waren es über drei Prozent – für die Kaufkraft wichtig, und für die höheren Gehälter gerade einmal diese Inflationsrate. Das heißt, das ist durchaus so gewesen, dass das in Ordnung war für mich, und dann haben sich die Ereignisse überschlagen. Und daher sind wir jetzt zu diesem Schluss gekommen, das sozusagen der Öffentliche Dienst auch seinen Beitrag leistet, leisten wird – und daher nächstes Jahr eine Nulllohnrunde.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber haben Sie sich da nicht das Verhandlungsheft aus der Hand nehmen lassen im Sinne von: Wie ernst zu nehmen ist denn die Regierung als Verhandlungspartner, wenn man den Beamten fast drei Prozent Gehaltsplus schenkt im heurigen Jahr, um es ein Monat später wieder wegzunehmen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Das ist in Abstimmung mit der Gewerkschaft passiert, sodass beide Seiten erkannt haben, dass zu diesem großen Paket, damit wir als Österreich, als Wirtschaftsstandort, gut und gesund durch diese Krise kommen können, ein Beitrag zu leisten ist – und daher ist es auf der einen Seite so gewesen, dass wir gerade mal die Inflationsrate abgegolten haben und jetzt auf der anderen Seite die Erkenntnis da ist, auch von Seiten der Gewerkschaft: „Ja, hier machen wir mit, wir sind dabei, wir sind bereit, diesen Beitrag auch zu leisten“. Und es ist doch schön, dass wir uns hier einigen konnten!

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Jetzt ist eine weitere Maßnahme, der Aufnahmestopp im Öffentlichen Dienst, da wollen Sie ja tausend Posten, Posten einsparen. Da stellt sich erstens einmal die Frage, wenn man so viel einsparen kann, wie war denn der Öffentliche Dienst bisher organisiert, da gibt es offenbar sehr viel, sehr viel Luft, und zweitens, werden, wenn es weniger Beamte gibt, nicht auch die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger verschlechtert?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Erstens möchte ich sagen, der Öffentliche Dienst ist bestens organisiert, obwohl wir in den letzten 10 Jahren an die zehntausend Vollzeitarbeitsplätze auch abgebaut haben. Und wir gehen diesen Weg weiter, weil es auch ein Beitrag ist, nämlich ein Beitrag im Wert von 471 Millionen Euro, den wir leisten, den der Öffentliche Dienst leistet zu diesem Konsolidierungspaket. Und diese tausend pro Jahr, das können wir schaffen. Warum können wir das schaffen? Wir haben seit vielen Jahren uns sehr stark verbessert, digitales Österreich, E-Government. Sie müssen sich vorstellen, 70 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher, die Internet benutzen, verkehren auch und haben und machen Amtswege mit unseren Einrichtungen. Das heißt, wir haben hier Verbesserungen erzielt, sodass Dinge schneller gehen, serviceorientiert passieren und sparsam sein können. Das heißt, wir verlieren nicht Leistung, sondern mit weniger Menschen können wir die gleiche Leistung bringen und sind allen Herausforderungen der Zukunft bestens gestellt.

Schnabl Susanne (ORF)
Da haben Sie, Frau Minister, aber offenbar einen Sinneswandel durchgemacht: Als der Kanzler Anfang Jänner von tausend Posten weniger, ausgenommen Exekutive, Lehrer und die Justiz, gesprochen hat, haben Sie im Morgenjournal gesagt „Das könnte ein Problem werden, hier muss man aufpassen, das nicht einseitige Belastungen und Engpässe da stehen“. Ein Monat später, auch wieder Sie, im Mittagsjournal diesmal, haben Sie gesagt „Ja, die Leistungen sind in den letzten Jahren trotz Einsparungen nicht gestiegen, nicht gesunken, Verzeihung, sondern gestiegen“. Woher dieser Sinneswandel, offenbar sind Sie auch nicht restlos überzeugt gewesen von Anfang an?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Freilich bin ich überzeugt, und wir haben Zeit gehabt und uns die Zeit auch genommen, zu schauen, wo müssen wir Ausnahmen machen. Wir wollen nicht sparen bei der Schule, bei der Bildung, wir wollen nicht sparen bei der Sicherheit und wir haben auch natürlich jetzt beschlossen, dass wir bei der Finanzpolizei, die wichtig ist zur Korruptionsbekämpfung, Ausnahmen machen. In diesem Monat hat sich herauskristallisiert, wo können wir sparen und wo dürfen wir nicht sparen? Und daher ist es kein Sinneswandel, sondern eine logische Folge, das wir jetzt sagen können: „Ja, das können wir schaffen und die Ausnahmen, die wir definiert haben, sind notwendig, um einfach das Gefüge, das System, gut aufrechterhalten zu können“.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Nun gibt es ja von Seiten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst das Argument, das hier eigentlich ein Etikettenschwindel vollzogen wird, weil Sie nämlich sehr viele Arbeitsplätze durch Leiharbeitsfirmen besetzen lassen. Neugebauer sprach ja von 700 Planstellen, die durch Leiharbeitsfirmen zugekauft werden. Stimmen diese Zahlen eigentlich? Wie groß ist das Ausmaß von Leiharbeit im Öffentlichen Dienst?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich denke, es werden einige hundert Arbeitsplätze sein.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Also bis 700 könnten hinkommen bei Leiharbeit?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Könnte hinkommen, und das sind Dinge, die sich Ressorts zusätzlich geleistet haben. Aber ich sage Ihnen, dadurch, dass wir auch bei den Ermessensausgaben einsparen werden, wird es in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass man sich das einfach auch leistet, sondern: Was haben wir jetzt gemacht, der Aufnahmestopp ist ja nur ein Punkt, wir haben mit dem Aufnahmestopp auch ein Mobilitätspaket beschlossen. Das heißt, wir schauen, dass wir intern Rotationen möglich machen, dass unsere Leute intern so wechseln können, dass, bevor wir an Neuaufnahmen denken, können wir ja bis 2014 jetzt einmal nicht, dass wir hier Wechsel möglich machen können. Das heißt, Planstellen, die frei werden, Arbeitsplätze, die frei werden, werden intern nachbesetzt.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Wechseln können oder wechseln müssen – das ist ein erheblicher Unterschied für die Bediensteten?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Das ist der dritte Punkt, ja. Aufnahmestopp allein ist zu wenig, Mobilität ist wichtig, aber auch schneller wechseln können, das heißt, wir haben auch beim Versetzungsschutz mit der Gewerkschaft, und da bin ich sehr stolz darauf, nicht gegen die Gewerkschaft, mit der Gewerkschaft diesen Versetzungsschutz lockern können – und jetzt kann es auch passieren, das jemand gegen seinen Willen in einen anderen Bereich versetzt wird, aber es ist zumutbar und das werden wir gut schaffen.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Jetzt ist Teilzeitarbeit typisch für Frauen. Diese Teilzeitarbeit hat später natürlich auch Auswirkungen auf die Pensionsbemessung. Wie sehen Sie die gegenwärtige Teilzeitdiskussion, die ja auch für den Arbeitsmarkt große Auswirkungen hat?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Fast jede zweite Frau in Österreich arbeitet Teilzeit. Auf der einen Seite hebt das die Erwerbsquote von Frauen sehr, das ist, mag auf den ersten Blick gut aussehen und das kann man auch schön-reden, aber auf den zweiten Blick wissen wir, dass Teilzeit in Österreich, sechzehn bis zwanzig Stunden, zwanzig bis fünfundzwanzig Stunden, in welchen Bereichen? In Bereichen die nicht sehr gut bezahlt sind: Handel, Gastronomie, Gesundheits- und Pflegebereiche, dort Arbeiten Frauen Teilzeit und von dieser Tätigkeit können die wenigsten leben, das heißt abhängig bleiben vom Partner. Das will ich nicht. Ich möchte gerne, dass möglichst viele Frauen die Wahl haben, die richtige Wahl haben, Vollzeit arbeiten gehen zu können, denn Sie dürfen nicht vergessen: in Österreich werden jährlich 300 Millionen Überstunden und Mehrstunden geleistet und 70 Millionen von diesen Überstunden werden nicht ausbezahlt, das sind 1,4 Milliarden Euro, die sich wiederum die Wirtschaft erspart. Das heißt das sind auch Teilzeit-arbeitende Frauen dabei, die Mehrarbeitsstunden leisten, die aber nicht bezahlt bekommen. Ja, wo kommen wir denn da hin, wenn das nicht sozusagen gerecht gelöst wird?

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Ist das ein Problem der gewerkschaftlichen Vertretung, wenn Überstunden nicht ausbezahlt werden? Dafür gibt es ja an sich Interessenvertretungen die dafür sorgen sollten eigentlich, dass das eben nicht geschieht.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Die werden sich sicherlich auch bemühen, aber Sie wissen doch sicherlich-

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Erfolglos, würde ich sagen.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Sie wissen doch auch wie groß der Druck auf dem Arbeitsmarkt ist, ja? Wenn jemand sich traut etwas zu sagen ist er entlassen und zwar auf der Stelle. Das heißt Frauen haben hier oft die schlechteren Karten und daher müssen sie hier auf der einen Seite von ihren Gewerkschaften gut vertreten sein, ja und auf der anderen Seite muss die Politik das auch aufzeigen und dazu fühle ich mich berufen und das mache ich auch.

Schnabl Susanne (ORF)
Jetzt muss Teilzeit ja nicht immer was Schlechtes sein, wenn man sich vor allem ansieht Jungfamilien – Kinderbetreuung. Dieses Problem haben wir nach wie vor in Österreich, zu wenige Plätze. Da sagt die ÖVP eigentlich das Gegenteil, obwohl man das Gleiche will: die Teilzeit aufwerten. Aber schauen wir, dass wir mehr Männer, mehr Väter in die Teilzeit bekommen. Das muss ihnen ja eigentlich recht sein, weil auch beim Kinderbetreuungsgeld, Väterkarenz sagen Sie, bitte mehr Männer sollen sich darum kümmern.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Das haben wir uns genau angeschaut. Frauen und Männer in Teilzeit – nur einmal noch kurz auf Teilzeit zurückkommend: Frauen arbeiten Teilzeit, weil sie zu wenig Kinderbetreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder haben. Sei es für die Kleinsten, aber auch für die Schulkinder. Hier arbeiten wir daran – Ganztagsschulplätze, ist wirklich wichtig und gehört ausgebaut. Bildungsvolksbegehren hat das auch angedeutet, ganz wichtig. Und auf der anderen Seite haben wir Männer – wissen Sie warum die hauptsächlich Teilzeit arbeiten? Weil sie sich weiterbilden. Das heißt Männer gehen kaum noch in Karenz, wie Sie gerade gesagt haben. Über den Schnitt, gerade einmal fünf Prozent Väter, die in Karenz gehen und da würde ich mir auch wünschen, dass der Schnitt sich hebt. Da wissen wir – ja und wenn sie dann Teilzeit arbeiten, dann weil sie einen MBA machen oder sich irgendwie weiterbilden. Das heißt, wie kriegen wir mehr Väter in Karenz? Auch das ist mein Ansinnen. Ganz wichtig: einkommensabhängiges Kindergeld. Man kann bis zu 2 000 Euro im Monat lukrieren bei dieser Variante – da machen es schon zehn Prozent Väter. Wie können wir noch mehr Väter in Karenz bekommen? Ich bin der Meinung, ein verpflichtender Papa-Monat wäre etwas Wichtiges für die Privatwirtschaft und dann würden ganz automatisch mehr Väter in die Karenz einsteigen, weil ich glaube, das Erlebnis mit dem Kleinkind – Vater-Kind – diese Bindung ist etwas ganz Wichtiges und da kriegt man Lust auf mehr.

Schnabl Susanne (ORF)
Jetzt sagen Sie, wie schon immer, ein Monat, ein Papa-Monat. Jetzt ist ihnen Ihre ÖVP-Kollegin Johanna Mikl-Leitner vom ÖAAB aber voraus: Die sagt in der morgigen Tageszeitung Österreich – machen wir doch gleich drei Monate.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Da bin ich dabei. Können wir sofort morgen zu verhandeln beginnen.

Schnabl Susanne (ORF)
Das heißt, dem steht nichts im Wege, wenn der Wirtschaftsminister noch zusagt, …

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
So ist es.

Schnabl Susanne (ORF)
… dann sollen künftig nicht nur im öffentlichen Dienst, auch in der Privatwirtschaft die Väter drei Monate unbezahlt, aber nach der Geburt in Karenz gehen können.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Unbezahlt nicht – also da scheiden sich wiederum die Geister. Denn ich sage, der Papa-Monat, so wie ich ihn mir vorstelle, ist durch finanziert, nämlich über das Kinderbetreuungsgeld. Zieht ein Papa einen Monat vor, bis kurz nach der Geburt, parallel zum Mutterschutz – wir haben für 20 Prozent aller Väter die budgetären Maßnahmen getroffen, das heißt das ist drinnen, sind ja nicht einmal fünf Prozent nur, die das machen. Und unbezahlt drei Monate, da bin ich dagegen. Das denke ich, ist auch nicht im Sinne der Kollegin Mikl-Leitner. Ich glaube, das wir schauen sollten, wie können wir das durch finanzieren und das können wir über das Kinderbetreuungsgeld machen. Ich kann zum Beispiel auch sagen: geh verpflichtend drei Monate. Nimm nicht die zwei, die du kannst, sondern du musst drei gehen. Dann hat vielleicht kein Arbeitgeber mehr das Problem, dass er sagt, na ja ich kann ihn ja nicht lassen, sondern dann muss er Väter auch in Karenz schicken.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Noch einmal zurück zu den Kinderbetreuungsplätzen. Viele der Zuseherinnen und Zuseher werden aus eigener Erfahrung wissen, wie schwierig es ist, hier geeignete Kinderbetreuungsplätze zu finden. Wie sieht eigentlich Ihr Plan aus, um dieses Problem zu lösen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich glaube, da spreche ich vielen Müttern, aber auch Vätern aus der Seele, wenn ich sage, es ist ein untragbarer Zustand in Österreich, dass von Vorarlberg bis zum, bis ins Burgenland sozusagen vom Boden- bis zum Neusiedler See ganz unterschiedliche Bedingungen herrschen, wie Kinderbetreuungsplätze angeboten werden, wie lange sie offen haben, wie lange im Sommer oder während des Jahres geschlossen ist. Also da haben wir 51 Tage in Vorarlberg und 4,4 Tage in Wien. Das ist ein himmelhoher Unterschied und da hätte ich wirklich gerne, dass wir über alles einen Bundesrahmen, das heißt, dass wir Qualität für alle anbieten können und das ist natürlich, wäre natürlich mit den Ländern zu verhandeln. Da sollten die Länder über ihren eigenen Schatten springen und das Vorarlberger Kind sollte nicht anders behandelt werden als das Eisenstädter Kind.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Das ist eine Kehrseite des berühmten Föderalismus, das ist auch im Jugendschutz ähnlich und bei anderen, bei anderen Bestimmungen. Wie soll denn das gesetzlich funktionieren? Wollen Sie hier Verfassungsbestimmungen, 15a, vereinbaren? Oder wie, wie kommen wir hier zu einer Harmonisierung über ganz Österreich hinweg.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Da beste wäre eine Verfassungsbestimmung, sozusagen ein Bundesrahmengesetz für Kinderbetreuung mit Kriterien, die für alle gleich wären, wenn das zu verhandeln wäre, dann wäre ich sehr glücklich, ja.

Schnabl Susanne (ORF)
Dann würde es zum Beispiel so sein, dass es gesetzlich festgeschrieben ist. Aber da gibt es ja ein ganz anderes Problem, Frau Minister, wenn Sie sagen, wir finanzieren, wir schaffen mehr Kinderbetreuungsplätze, dann gibt es ja jetzt schon das Problem, dass man zu wenig Personal, qualifiziertes Personal dafür hat. Da beißt sich ja irgendwie die Katze in den Schwanz. Denn genau da sind wieder Jobs, Kindergartenpädagoginnen, also Frauen, die schlecht bezahlt werden. Wie wolllen Sie denn dieses Problem lösen? Oder ganz ehrlich: kann der Staat überhaupt genug qualifiziert betreute Plätze schaffen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Das glaube ich schon, wenn wir dieses Berufsbild sehr attraktiv beschreiben. Auch für Männer zugänglicher, oder es wäre ja zugänglich, nur wenige Männer ergreifen diese berufe. Wenn wir hier ordentlich werben dafür, dass das Zukunftsberufe sind, dass wir auch Geld zur Verfügung stellen, auch den Bundesländern für die Ausbildung dieser Leute und das können wir. Es gibt a einen wunderschönen Vorschlag von der Arbeiterkammer und der Industriellenvereinigung, wie können wir, wie sollten wir die Familienförderung umbauen, sodass Geld übrig bleib für Kinderbetreuung. Und diese Kinderbetreuungsmillionen könnte man teilen. Man nimmt einen Teil zum wirklichen Bauen dieser Einrichtungen. Kinderkrippen bauen, Kindergärten bauen und einen Teil nimmt man für laufende Personalkosten. Jetzt müsse wir die jungen Leute motivieren, das ist klar. Die müssen wir aber auch motivieren, dass sie den Lehrberuf ergreifen und so weiter. Das heißt, das wird schon an uns auch liegen, das zu kampagnisieren und zu sagen, das sind Zukunftsberufe, hier kannst Du wirklich sichere Arbeitsplätze auch haben, einen sicheren Job haben.

Schnabl Susanne (ORF)
Inklusive höherer Gehälter?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Wäre natürlich wünschenswert, dass genau dieser Bereich miteinbezogen wird, wie in anderen Ländern Europas auch Pädagogik von klein auf gleich bewertet wird und von der Ausbildung auch berücksichtigt wird.

Schnabl Susanne (ORF)
Der nächste Wahlkampf, wie wir hören, kommt bestimmt. Aber nicht, aber nach dem nächsten Wahlkampf hat sich die Regierung auch selber einen Sparkurs verordnet, da soll die Regierung kleiner werden, minus zwei Minister. Jetzt gehen wir ja davon aus, die Politik spart nicht gerne selbst bei sich, Sie werden sich nicht selbst als Frauenministerin wegrationalisieren wollen. Aber ganz ehrlich, Frau Heinisch-Hosek, was für einen Sinn macht es, Sie sagen selbst, Ihnen bleibt immer nur das Einmischen, Sie haben keine richtige Kompetenz, sind im Bundeskanzleramt dem Bundeskanzler untergeordnet, verfügen über ein Mini-Budget. Soll dieses Amt nicht aufgewertet werden und von zum Beispiel einer Sozialministerin, einem Sozialminister oder Wirtschaftsminister, -ministerin mit erledigt werden? Also mehr Geld und somit Macht bekommen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Also ich glaube, so lange wir in Österreich gleichstellungspolitisch nicht schon drei Schritte weiter sind braucht es erstens eine Frauenministerin und zweitens ist die Strategie des Einmischens eine gute, denn hätte ich ein eigenes Ressort mit vielleicht viel mehr Geld, ja, würden alle anderen sagen, „Bitte, lass uns in Ruhe und mach dein Ding.“ Und so kann ich doch versuchen mich in der Wirtschaftspolitik, in der Familienpolitik, in der Justizpolitik immer wieder auch einzubringen um für unsere Frauen gemeinsam etwas voranzutreiben. Ich finde es gut.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Aber zumindest in der Politik sollte es ein Bettelverbot geben. Ich meine, wenn Sie ein ordentliches Budget hätten, dann müssten Sie, Sie nennen das einmischen. Wäre es nicht gescheiter das Frauenministerium ordentlich auszustatten mit einem ordentlichen Budget und hier auf wesentlich mehr Selbstständigkeit zu drängen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Es könnte immer mehr sein, ja. Aber ich nehme nur ein Beispiel – Arbeitsmarktpolitik – heraus. Da wird die Hälfte des Budgets für aktive Arbeitsmarktpolitik, muss dort für Frauenanliegen und für arbeitslose Frauen zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, Opferschutzjustiz, dort gibt es ein eigenes Budget damit Prozessbegleitung für Opfer, für weibliche Opfer, auch für männliche Opfer sichergestellt ist, in der Familienpolitik. Also ich glaube schon, dass jedes Ressort diese Verantwortung auch hat. Das wäre ja noch schöner, wenn man sozusagen die Hälfte der Bevölkerung ignoriert und nicht hier geschlechtergerecht auch Politik macht.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber was heißt das konkret? Das Frauenministerium, also eine Frauenministerin muss es in der nächsten Regierung, wenn die SPÖ wieder den Kanzler stellt, unbedingt geben? Ja oder nein?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Wenn es nach mir geht, ja.

Schnabl Susanne (ORF)
Also, das wird bestimmt nicht gestrichen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Wenn es nach mir geht, ja.

Schnabl Susanne (ORF)
Okay.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Jetzt gibt es ja in manchen Dienststellen den bemerkenswerten Zustand, nehmen wir an zwei Frauen arbeiten in einer Dienststelle im öffentlichen Dienst, die eine ist vertragsbedienstet und die andere ist beamtet und beide haben ein ganz unterschiedliches Pensionsantrittsalter. Wie ist denn das zu erklären auf Dauer?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Wir werden bald fertig sein mit der Harmonisierung, das heißt, die Beamten und Beamtinnen in diesem Land werden ja weniger, wir haben ja mit den Pragmatisierungen weitgehend aufgehört, es wird kein einziger Lehrer, keine Lehrerin mehr pragmatisiert, in der Verwaltung auch nicht mehr, und dort, wo noch pragmatisiert wird, bei der Exekutive, auch bei der Justiz und auch beim Bundesheer, also in der Landesverteidigung, dort halte ich das auch für gerechtfertigt und legitim, das heißt, Polizistinnen sind in Zukunft, wenn sie nebeneinander in einer Abteilung sitzen, sowieso gleich gestellt und ansonsten wird das in einigen Jahren sowieso parallel laufen.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber ist das gerecht, Frau Minister, Sie als Frauenvorsitzende der SPÖ sagen und haben auch erfolgreich abgewehrt im Sparpaket, dass das Frauenpensionsantrittsalter nicht früher, rascher angehoben werden soll, das soll erst 2024 schrittweise bis 2033 passieren. Wie gerecht ist es denn, dass die Vertragsbedienstete im Büro, die hier sitzt, mit 60 gehen darf, und die Beamtin erst mit 65?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Schauen Sie, das Dienstrecht für Beamtinnen und Beamte hat seine Historie, hat seinen Ursprung, hat auch seine Berechtigung und jemand, der sich als Vertragsbedienstete für den öffentlichen Dienst interessiert, wusste ja immer schon dass er beispielsweise im ASVG, im allgemeinen Sozialversicherungsgesetz versichert ist und was hier das Pensionsantrittsalter und was dort das Pensionsantrittsalter ist. Und im übrigen darf ich Ihnen sagen, dass das richtige, das faktische Pensionsantrittsalter sowieso nicht 65 im Durchschnitt im öffentlichen Dienst beträgt, sondern etwas darunter, aber auch etwas darunter bei den ASVG-Versicherten.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Wobei alle Pensionsexperten sagen, dass das genau das Problem ist, dass nämlich das faktische Pensionsantrittsalter erheblich unter dem gesetzlichen Antrittsalter liegt.Welche Maßnahmen wird es denn hier geben, um das zu erhöhen, um das Tempo ja auch zu erhöhen, denn die Übergangsfristen, die Sie angesprochen haben, die sind ja sehr langfristig, der Verfassungsgerichtshof hat 1990 entschieden, ’92 ist dieses Gesetz gekommen und wir reden vom Jahr 2024, wo es dann Veränderungen geben wird.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Also genau daran arbeiten wir ja. Mir war immer wichtig, dass wir schauen, dass wir das faktische Antrittsalter heben und nicht beim gesetzlichen schrauben, wie Sie gerade erwähnt haben. Was hilft einer arbeitslosen Frau, dass fünf fünf Jahre später in Pension gehen dürfen, wenn sie arbeitslos war. Und jetzt ist es so, dass wir, unser Hauptproblem liegt darin, dass wir schauen müssen, dass Menschen die krank werden schnell wieder gesund werden und so länger im Arbeitsprozess bleiben können. Das heißt, unsere große Zahl der Invaliditätspensionen zurückzuschrauben ist ein Ziel, Rehabilitation vor Pension und auch daran zu arbeiten, dass natürlich hier Verschärfungen und Abschläge erhöht werden für Frühpensionistinnen, -pensionisten, dass sie länger im Arbeitsprozess, aber gesund, bleiben können.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber ist nicht genau das das Problem, das viele Experten als doppelte Diskriminierung sehen. Frauen 50 plus, die arbeitslos sind, da bemüht sich der Arbeitsmarkt ja gar nicht mehr so sehr darum, weil man ohnehin weiß, die können schon mit 60 in Pension gehen.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Aber Sie haben die richtige Adresse gerade genannt. Warum bemüht sich die Wirtschaft hier nicht? Warum bemüht sich die Wirtschaft hier nicht Frauen, die von mir aus 60 werden, kein Gesetz der Welt zwingt eine Frau mit 60 in Pension, aber die Wirtschaft entledigt sich oft und oft dieser Frauen. Warum? Weil sie zu teuer werden. Aber ich sage Ihnen, die Frauen, um die ich mich hauptsächlich kümmere sind die, die vorher schon krank geworden sind, arbeitslos geworden sind und das ist fast die Hälfte, die aus diesen Gründen in Frühpension oder in Pension geht, früher als mit 60, als die, die länger arbeiten wollen. Da haben wir ein Urteile auch, da gibt es ein paar VfGH-Erkenntnisse und eigentlich dürfte Niemand mehr Frauen mit 60 schicken, wenn die länger arbeiten wollen.

Schnabl Susanne (ORF)
Frau Minister, Sie sagen, die Wirtschaft sei schuld, die bemüht sich nicht. Aber das Pendant bei den Sozialpartnern, Ihr Kollege, Gewerkschaftschef Foglar, der sagt jetzt selbst, Zitat, das niedrige Frauenpensionsalter schadet den Frauen mehr als es ihnen nutzt. Ihnen fehlen genau die wichtigsten Erwerbsjahre für die Pension.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Er meint damit sicher eine Gruppe von Frauen, wo das durchaus so sein mag. Eine andere Gruppe von Frauen, die diese Jahre, die letzten fünf Jahre sind nicht immer die besten Jahre für Frauen, das stimmt doch nicht. Nein, für sehr gut verdienende Frauen vielleicht, aber ich kümmere mich hauptsächlich schon um die, die sich selber nicht helfen können und die aus der Arbeitslosigkeit oder aus Krankheit heraus so zu sagen nicht mehr tätig sein können und die haben nicht ihre besten Jahre vor der Pension, und ich weiß nicht, ob man diese Qual dann verlängern soll, indem man dann das Pensionsantrittsalter später anhebt oder ob man nicht sagen soll, die wollen, die sollen doch arbeiten können, und die, die nicht mehr können, für die braucht es eine Lösung. Und außerdem haben wir und heben wir das Frauenpensionsantrittsalter an, wir beginnen nur erst 2024 damit, und das ist gut so.

Schnabl Susanne (ORF)
Also das bleibt dann tabu, raschere Anhebung 2014, wie es die ÖVP will, mit Ihnen bestimmt nicht?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Also es gibt ja keine Begleitmaßnahmen, ich kenne kaum Vorschläge oder keine Vorschläge, die so zu sagen die Situation von Frauen, dass sie überhaupt bis 60 arbeiten können, dass die sich verbessert, und wenn die nicht auf dem Tisch liegen, brauchen wir über den Rest gar nicht zu sprechen.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Noch einmal zurück zu den Kinderbetreuungsplätzen. Viele der Zuseherinnen und Zuseher werden aus eigener Erfahrung wissen, wie schwierig es ist, hier geeignete Kinderbetreuungsplätze zu finden. Wie sieht eigentlich Ihr Plan aus, um dieses Problem zu lösen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich glaube, da spreche ich vielen Müttern, aber auch Vätern aus der Seele, wenn ich sage, es ist ein untragbarer Zustand in Österreich, dass von Vorarlberg bis zum, bis ins Burgenland sozusagen vom Boden- bis zum Neusiedler See ganz unterschiedliche Bedingungen herrschen, wie Kinderbetreuungsplätze angeboten werden, wie lange sie offen haben, wie lange im Sommer oder während des Jahres geschlossen ist. Also da haben wir 51 Tage in Vorarlberg und 4,4 Tage in Wien. Das ist ein himmelhoher Unterschied und da hätte ich wirklich gerne, dass wir über alles einen Bundesrahmen, das heißt, dass wir Qualität für alle anbieten können und das ist natürlich, wäre natürlich mit den Ländern zu verhandeln. Da sollten die Länder über ihren eigenen Schatten springen und das Vorarlberger Kind sollte nicht anders behandelt werden als das Eisenstädter Kind.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Das ist eine Kehrseite des berühmten Föderalismus, das ist auch im Jugendschutz ähnlich und bei anderen, bei anderen Bestimmungen. Wie soll denn das gesetzlich funktionieren? Wollen Sie hier Verfassungsbestimmungen, 15a, vereinbaren? Oder wie, wie kommen wir hier zu einer Harmonisierung über ganz Österreich hinweg.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Da beste wäre eine Verfassungsbestimmung, sozusagen ein Bundesrahmengesetz für Kinderbetreuung mit Kriterien, die für alle gleich wären, wenn das zu verhandeln wäre, dann wäre ich sehr glücklich, ja.

Schnabl Susanne (ORF)
Dann würde es zum Beispiel so sein, dass es gesetzlich festgeschrieben ist. Aber da gibt es ja ein ganz anderes Problem, Frau Minister, wenn Sie sagen, wir finanzieren, wir schaffen mehr Kinderbetreuungsplätze, dann gibt es ja jetzt schon das Problem, dass man zu wenig Personal, qualifiziertes Personal dafür hat. Da beißt sich ja irgendwie die Katze in den Schwanz. Denn genau da sind wieder Jobs, Kindergartenpädagoginnen, also Frauen, die schlecht bezahlt werden. Wie wolllen Sie denn dieses Problem lösen? Oder ganz ehrlich: kann der Staat überhaupt genug qualifiziert betreute Plätze schaffen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Das glaube ich schon, wenn wir dieses Berufsbild sehr attraktiv beschreiben. Auch für Männer zugänglicher, oder es wäre ja zugänglich, nur wenige Männer ergreifen diese berufe. Wenn wir hier ordentlich werben dafür, dass das Zukunftsberufe sind, dass wir auch Geld zur Verfügung stellen, auch den Bundesländern für die Ausbildung dieser Leute und das können wir. Es gibt a einen wunderschönen Vorschlag von der Arbeiterkammer und der Industriellenvereinigung, wie können wir, wie sollten wir die Familienförderung umbauen, sodass Geld übrig bleib für Kinderbetreuung. Und diese Kinderbetreuungsmillionen könnte man teilen. Man nimmt einen Teil zum wirklichen Bauen dieser Einrichtungen. Kinderkrippen bauen, Kindergärten bauen und einen Teil nimmt man für laufende Personalkosten. Jetzt müsse wir die jungen Leute motivieren, das ist klar. Die müssen wir aber auch motivieren, dass sie den Lehrberuf ergreifen und so weiter. Das heißt, das wird schon an uns auch liegen, das zu kampagnisieren und zu sagen, das sind Zukunftsberufe, hier kannst Du wirklich sichere Arbeitsplätze auch haben, einen sicheren Job haben.

Schnabl Susanne (ORF)
Inklusive höherer Gehälter?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Wäre natürlich wünschenswert, dass genau dieser Bereich miteinbezogen wird, wie in anderen Ländern Europas auch Pädagogik von klein auf gleich bewertet wird und von der Ausbildung auch berücksichtigt wird.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Kommen wir zum Thema Frauenquoten. Es gibt inzwischen ja mehrere Länder in Europa, darunter auch Mitgliedsländer der Europäischen Union, die Frauenquoten in Aufsichtsräten zum Beispiel gesetzlich vorschreiben. Wie sehen denn Sie die Chance hier etwas in absehbarer Zeit zu verbessern?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich hoffe auf den Rückenwind Europas, sage ich Ihnen ehrlich. Denn das, was machbar war haben wir erreicht, wir haben quasi Quoten für unsere staatsnahen Unternehmen festgelegt, wir bekommen demnächst den ersten Bericht übermittelt, wie sie schon wirken, ob sie wirken. Ich darf es kurz erläutern: 25 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten bis 2013, 35 Prozent bis 2018, hätte ich mir mehr gewünscht, war nicht mehr verhandelbar, ist in Ordnung so. Aber ich will das auch für die Privatwirtschaft. Ich hätte das gerne für alle weil ich weiß und weil ich glaube, dass gemischte Führungsteams einfach die besseren sind. Und da ist noch einiges zu tun. Jetzt bin ich nationale Partnerin der EU-Kommissarin Viviane Reding und die sagt jetzt, „Okay, ich habe mir das ein Jahr angeschaut, in ganz Europa große Unternehmen eingeladen, schaut bitte darauf, dass sich die Quoten irgendwie verändern, dass mehr Frauen in euren Führungsgremien sind. “ Es hat sich aber nichts getan. Und ich glaube, dass jetzt der nächste Schritt fällig ist und ich begrüße jeden Schritt, der aus Europa kommt. Wenn er uns verpflichtende Quoten beschert kann ich nur sagen „Ja, das ist in Ordnung.“

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Das heißt, wir warten jetzt auf den Zuruf von außen, dass sich hier etwas zum Besseren verändert? Eigenständig ist hier nichts zu machen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich habe etliches erreicht. Eigenständig war schon einiges zu machen, nämlich bei staatsnahen Unternehmen haben wir diese Selbstverpflichtung und haben eine Quotenregelung quasi da und wir haben im Bund eine Quotenregelung. Das heißt, hätten wir im Bund keine Quotenregelung, hätten wir nicht 31 Prozent Frauen in Führungspositionen. Wir sehen ja, dass Quote wirkt. Dort, wo ich Einfluss nehmen kann, wo ich alleine entscheiden kann ist vieles, vieles weiter gegangen. Dort, wo es eines Zweiten bedarf, da ist es ein bisschen schwieriger. Also an mir soll es nicht scheitern.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Und haben Sie einen konkreten Zeitplan? Bis wann wird es in Österreich die gesetzliche Verpflichtung geben, eine Frauenquote einzuhalten?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ja, von mir aus würde ich das auch gerne morgen zu verhandeln beginnen.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Nein, aber realistisch. Ist das in der nächsten Legislaturperiode oder für wann erwarten Sie das eigentlich?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Schauen wir mal. Wenn es im eigenen Land nicht gut möglich ist, dann ist es vielleicht sozusagen der Druck von außen, der uns hier weiter bringt, und wenn Reding demnächst hier eine Regelung trifft, das EU-Parlament etwas beschließt, dann werden wir schneller gezwungen sein etwas zu tun. Ich werde immer wieder auch Anläufe nehmen um mit meinem Koalitionspartner darüber zu reden, denn wir wissen, dass Unternehmen mit gemischten Führungsteams höhere Renditen erwirtschaften. Das heißt, Unternehmen sind erfolgreicher, wenn Frauen auch dabei sind. Und Frauendiskriminierung ist eine Wachstumsbremse, und ich möchte einen Wachstumsschub für Unternehmen.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber was heißt schneller, Frau Minister? Wann wollen Sie diese Quote haben? Wann soll in Aufsichtsräten, wann sollen dort mehr Frauen sitzen müssen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Frau Schnabl, Sie erinnern sich vielleicht nicht mehr, am dritten Dezember 2008 haben Sie mir die Quotenfrage zum ersten Mal gestellt und jetzt haben wir…

Schnabl Susanne (ORF)
Und jetzt haben wir noch immer keine.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
…drei Jahre später eine Regelung dort, wo Machbarkeiten….

Schnabl Susanne (ORF)
Aber nur in staatsnahen Betrieben.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Genau. Und ich würde gerne natürlich in ein, zwei Jahren diese Quote auch haben für alle privaten Unternehmen, das ist klar. Aber vielleicht einen Schritt zurück: Ich hätte gerne als nächsten Schritt Frauenförderpläne in Unternehmen. Ich hätte gerne, dass Unternehmen verpflichtet werden, dass sie Frauenförderung machen. Vielleicht ist es dann nicht mehr so die Ausrede, „Na ja, ich habe ja keine Frauen, die geeignet wären für Führungspositionen.“ Das heißt, wenn man Frauenförderung machen muss verpflichtend, hat man auch genügend Frauen zur Verfügung um sie sozusagen in die obere Etage heben zu können.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber warum schreiben Sie denn nicht eine Quote auch für den Vorstand fest? Weil wir wissen, ein Aufsichtsrat in ein Kontrollgremium, aber wirklich wo es zur Sache geht am Schalthebel der Macht, da sitzt der Vorstand. Warum sollen dort nicht auch verpflichtend Frauen mitentscheiden müssen und dürfen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
In meiner kleinen Heimatgemeinde Guntramsdorf haben wir die absolute Mehrheit, dort könnte ich so etwas tun. Nicht eine Quotenregelung – Sie wissen, was ich meine. In der Bundesregierung kann ich das alleine nicht machen. Da müssen Sie den Koalitionspartner fragen, warum das nicht geht.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Nun, die absolute Mehrheit hat die SPÖ in ihrem eigenen Parlamentsklub. Im eigenen Parlamentsklub der SPÖ gibt es 35 Prozent Frauenanteil, die Grünen haben 50 Prozent. Warum hat die SPÖ so einen niedrigen Frauenanteil?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Erstens hatten wir schon einmal 40 Prozent, zweitens ist es so, dass auch in meiner Partei die Spitzenkandidaten oft männlich sind und die Zusammensetzung, wie sich dann Listen auch ergeben oder wie sich Nationalratsmandate ergeben, wenn immer die Nummer eins der Mann ist, dann kommt das so zusammen. Aber wir wollen hier auch Abhilfe schaffen. Wir haben einen sogenannten Reißverschluss beschlossen und ich hoffe, bei den nächsten Listen wird das schon ganz anders aussehen und dass wir unsere Quotenregelung schaffen. Aber schauen Sie sich bitte alle anderen Parteien an. Der Schnitt im österreichischen Parlament ist so nach unten gedrückt worden, weil genau BZÖ und FPÖ kaum Frauen vertreten haben. Wir haben nur 27 Prozent Frauen im österreichischen Parlament, da wäre natürlich ein Gesetz auch angebracht, da wäre ich auch die Erste, die dafür wäre.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Nur eine, eine Wissensfrage: Ist das eigentlich kulturell bedingt, dass über die Landeslisten so wenige Frauen in die Politik kommen? Woher kommt diese, diese geringe Vertretung? Also über alle Parteien gerechnet ist sie ja relativ niedrig.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Weil historisch betrachtet noch immer sehr wenige Frauen in Spitzenpositionen sind. Ich glaube, wir haben ungefähr 120 Bürgermeisterinnen in ganz Österreich. Das heißt, wir sind in diesen Positionen – nicht nur Bürgermeisterinnen, auch in Landtagen – noch nicht so vertreten, dass wir sagen könnten, so, und jetzt ist das automatisch so, dass wir diese Quote erreichen. Wir müssen sehr kämpfen darum, aber es gibt auch solidarische Männer in unsere Partei, oder, ich hoffe auch in anderen Parteien, dass das in Zukunft ein anderes Bild ergibt. Denn wir sind die Hälfte der Bevölkerung, wieso sind wir dann nicht die Hälfte in allen entscheidenden Gremien?

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Und ist das eine Frage des Sich-selbst-zutrauens oder eine Frage der Diskriminierung?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich glaube, beides. Auf der einen Seite glaube ich, dass jede Frau in einer Position auch einen Mann, der in dieser war, verdrängt. Und auf der anderen Seite trauen wir uns ab und zu sicherlich zu wenig zu, glauben, wir müssen alles und jenes wissen, wenn wir eine Position sozusagen anstreben. Ich würde sagen, Ja sagen, machen. Und nachher nachdenken, das ist der bessere Weg.

Schnabl Susanne (ORF)
Nicht nur Politikerinnen, sondern tausende Österreicherinnen müssen diesen Spagat Familie und Beruf bewältigen. Also kommen wir noch einmal zurück zur Teilzeit. Da legen Sie ein Fünf-Punkte-Programm vor, Teilzeit soll aufgewertet werden. Soll dieses Programm in ein Gesetz, oder sagen Sie, „Ich begnüge mich damit, diese fünf Punkte, die fordere ich jetzt rund um den Frauentag“?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Einiges könnte man gesetzlich verankern.

Schnabl Susanne (ORF)
Was genau?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Anderes kann man kampagnisieren. Zum Beispiel könnte man das Anheben der Regelarbeitszeit, ich darf es kurz erklären. Ich habe die Überstunden schon erwähnt, Menschen haben das Recht, dass sie ihre Mehrarbeits- und Überstunden auch bezahlt bekommen. Wie gesagt, 70 Millionen Überstunden werden nicht bezahlt, 1,4 Milliarden Euro erspart sich die Wirtschaft. Hier einen sozusagen Schub zu geben ist wichtig. Da ist die Gewerkschaft gefragt, da sind die ArbeitnehmerInnen gefragt, das kann man jetzt nicht so in ein Gesetz gießen, ja. Das Zweite: Wenn jemand permanent Mehrstunden arbeitet sollte verpflichtend dieser Arbeitnehmerin angeboten werden, willst du deinen Vertrag erhöhen oder nicht? Das könnte man ins Arbeitszeitgesetz zum Beispiel schreiben. Oder interne Informationspflicht. Das könnte man auch ins Arbeitszeitgesetz schreiben. Das heißt, es wird ein Job ausgeschrieben und die Teilzeitfrau weiß das gar nicht. Das heißt, intern informieren müssen und das wäre für viele Frauen vielleicht auch eine Möglichkeit zu sagen, „Ja, das wollte ich eh schon immer, ein bisschen aufstocken, und ich nehme diese, diese, diesen Vollzeitjob an.“ Und PendlerInnenpauschale. Es gibt für Teilzeitkräfte, die nicht ihre zehn Tage im Monat zusammen kriegen keine PendlerInnenpauschale. Und das ist, denke ich, auch sehr ungerecht und das könnten wir auch ändern gesetzlich.

Schnabl Susanne (ORF)
Aber warum so zurückhaltend? Sie sagen immer, wir könnten. Wollen Sie das ändern, wollen Sie zum Beispiel das ins Gleichbehandlungsgesetz reinschreiben – ja oder nein?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich kann nur das in Gesetze hineinschreiben, wo es hineingehört. Ich habe zwei Beispiele für das Arbeitszeitgesetz genannt. Und die PendlerInnen, die gehören zur Frau Finanzministerin, das müsste man im Steuerrecht, oder, das will ich im Steuerrecht verankern, wenn Sie so wollen. Und bei einer nächsten Steuerreform wäre das, oder ist das auch ein Thema, das zu behandeln ist. Genauso wie Familienförderung umbauen. Auch das wünsche ich mir, dass wir das in der nächsten Steuerreform berücksichtigen.

Schnabl Susanne (ORF)
Stichwort Steuerreform. Offensichtlich ist nach dem Sparpaket, vor der nächsten Steuerreform, der Wahlkampf in der Koalition ist schon ausgebrochen. Vor zwei Wochen ist hier die Finanzministerin an Ihrem Platz gesessen und die hat sich auch schon Gedanken gemacht, wie sie das Geld, das sie jetzt einnimmt und dem Steuerzahler abknöpft, wieder ausgeben will. Nämlich, sie will eine Familienentlastung in Sachen Steuerreform. Was sie genau gesagt hat hören wir uns kurz an:

Fekter Maria (ÖVP)
Ich möchte eine Reform vorlegen, wo die Kinder, der Unterhalt für die Kinder so gut wie steuerfrei gestellt wird. Man kann natürlich dann sagen, okay, die Hälfte leisten wir an Transferleistungen und die andere Hälfte durch Steuerfreiheit, durch Freibeträge in der steuerlichen Belastung. Das würde den Mittelstand enorm entlasten und gleichzeitig die Familien mit Kinder endlich ihre Aufgaben gut erfüllen lassen ohne, dass der Fiskus ihnen alles wegsteuert.

Schnabl Susanne (ORF)
Freibeträge und Sachleistungen, diesen Mix, den wünscht sich die ÖVP. Wir sind da schon wieder mitten in der Ideologiedebatte. Sind Sie dafür zu haben, wird zumindest darüber diskutiert?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich muss dazu vorausschicken, von den zirka neun Milliarden Euro, die wir jedes Jahr für unsere Familien ausgeben sind 90 Prozent Geldleistungen und nur zehn Prozent Sachleistungen. Was heißt das? Ich glaube, das ist ein Ungleichgewicht. Es gibt ungefähr zehn verschiedene Steuerleistungen für Familien, die natürlich nur Familien, die Steuern lukrieren können, bekommen. Und nicht einmal die holen sich das Geld ab. Das heißt, wenn die Frau Finanzministerin sagt, wir müssen das Steuersystem umbauen, dann sage ich, ja, alle diese unübersichtlichen Steuerleistungen zusammenführen, hinüber schieben in Sachleistungen. Dann haben alle Familien etwas davon. Zum Beispiel die Vorschläge, 210 Euro Familienförderung für jedes Kind, einen Gutschein pro Monat für jedes Kind, für behinderte Kinder selbstverständlich eine Erhöhung, für Alleinerziehende eine Erhöhung. Und dann bleibt Geld übrig, habe ich heute schon erwähnt, wir können Kindergärten bauen, wir können zur Not sogar Personal bezahlen. Und das wäre sozusagen richtig und wichtig, denn jetzt schon holen sich viele Familien Geld nicht ab, das sie lukrieren könnten. Es sind von der Kinderabsetzbarkeit 100 Millionen Euro übrig geblieben, wieso wird das nicht abgeholt? Das kann man doch sinnvoller einsetzen.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Sehen Sie eigentlich eine Möglichkeit sich hier mit der ÖVP zu einigen oder stimmt der Eindruck, dass eigentlich der Wahlkampf für die Nationalratswahlen 2013 begonnen hat, am Thema Familien, am Thema Kinderbetreuung?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich glaube, wir sind uns ziemlich einig, dass Familie heute etwas anderes bedeutet als noch vor 30, 40 Jahren. Menschen leben sehr unterschiedlich zusammen und Familie ist nicht mehr nur Mutter, Vater, Kind, Kinder, sondern gleichgeschlechtliche Paare, die zusammenleben, wir haben ein Gesetz verabschieden können, habe ich verhandelt, zum Beispiel, Patchworkfamilien. Das heißt, neue Familienzusammensetzungen. Und all, für die alle brauchen wir Antworten, nicht nur für auf Ehe abgestellt, Mutter, Vater, Kind und Kinder. Und da glaube ich, haben wir schon viele große Schritte gemeinsam gemacht und ich glaube, im Steuerbereich ist es richtig und sinnvoll, wenn wir hier Maßnahmen setzen, die allen zugute, natürlich auch dem Mittelstand, aber allen zugute kommen. Denn zu den armutsgefährdetsten Gruppen in Österreich gehören alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern. Und ich glaube nicht, die brauchen dreimal so viel Sozialhilfe wie andere Menschen, wenn sie zum Beispiel nur Teilzeitjobs auch haben, dass wir hier schauen müssen, Armut vermeiden und gemeinsam mit voller Kraft daran arbeiten.
Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Ich möchte noch eine Frage stellen, weil es in Deutschland eine Diskussion dazu gibt. Sondersteuer für Kinderlose. Das war ein Vorschlag aus der CDU, hat in Deutschland für einiges Aufsehen gesorgt. Wie sehen Sie eigentlich diesen Vorschlag?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Den möchte ich gerne vom Tisch wischen. Ich halte das für einen abstrusen Vorschlag und den will ich in Österreich überhaupt nicht diskutiert wissen.

Kotanko Christoph (OÖ Nachrichten)
Abstrus, weil er aus Gerechtigkeitsgründen nicht zu vollziehen wäre, oder abstrus, warum?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Mein Mann und ich sind kinderlos und mit unseren Steuermitteln finanzieren wir selbstverständlich auch mit, dass unsere Schulkinder gratis in die Schule gehen können, dass Kindergartenplätze da sind. Das heißt, ich brauche keine Sondersteuer. Es ist, wir wollen umverteilen. Die, die ein bisschen mehr haben zahlen dadurch auch mehr Steuern und es kommt allen zugute. Und das System, so wie es ist, finde ich in Ordnung.

Schnabl Susanne (ORF)
Zum Schluss noch eine kurze Frage. Mehr Frauen in die Politik, mehr Frauen in Chefetagen. Wann wird es denn so weit sein, dass wir endlich eine weibliche Bundespräsidentin haben? 2016 wird gewählt. Soll die SPÖ eine Kandidatin aufstellen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Lassen Sie sich überraschen.

Schnabl Susanne (ORF)
Heißt das, Sie wollen eine oder nicht?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Die Zeit ist reif.

Schnabl Susanne (ORF)
Also die SPÖ soll eine Kandidatin aufstellen?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Die Zeit ist längst reif für Frauen an der Spitze, die Zeit ist auch reif für eine österreichische Bundespräsidentin. Sicher.

Schnabl Susanne (ORF)
Wie soll die, oder wie könnte die heißen? Wir wissen, Barbara Prammer, die Nationalratspräsidentin hätte Ambitionen.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Warten wir ab.