ORF-Berichterstattung Frauentag 2012

Danke, an den ORF mit seiner ganz eigenen Auffassung des Frauentages, an dem er die Nachrichten bewusst nur Frauen moderieren lässt, während die männlichen KollegInnen „den Frauen feierlich aus dem Schanigarten zuprosten“…

Ö1 Mittagsjournal

Maiwald Andrea (ORF)
Jetzt zum Frauentag: Weil freiwillig nicht viel weitergeht, wird die Forderung nach einer verpflichtenden Frauenquote immer lauter, auch in der Politik. ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm hat ein Reißverschlusssystem gefordert – 50 Prozent Frauen auf den Wahllisten, also immer abwechselnd ein Mann und eine Frau. Applaus bekommt sie dafür von Frauenministerin Heinisch-Hosek von der SPÖ und von den Grünen. Aber was sagt ihre eigene Partei und was sagen die männlichen Abgeordneten im Parlament? Frauen stellen derzeit nur ein Viertel der Abgeordneten. Wenig Begeisterung für den Vorschlag von Dorothea Schittenhelm, wie sich Katja Arthofer am Rande der heutigen Nationalratssitzung überzeugen konnte:

Arthofer Katja (ORF)
Viele Abgeordnete der Volkspartei haben offenbar keine Freude damit, auf den Vorstoß ihrer Frauensprecherin nach einer gesetzlichen Frauenquote bei der Listenerstellung für das Parlament angesprochen zu werden:

Kößl Günter (ÖVP)
Fragen Sie sie selber.

Arthofer Katja (ORF)
Sagt etwa der ÖVP-Abgeordnete Günter Kößl, und auch der ehemalige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein fällt gleich bei der Fragestellung ins Wort. Herr Bartenstein, ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm hat vorgeschlagen, eine gesetzliche Quote bei der Erstellung von Listen für den Nationalrat, ich würde gerne..

Bartenstein Martin (ÖVP)
Sollten Sie die Frau Schittenhelm dazu befragen, sie ist im Hause.

Arthofer Katja (ORF)
Etwas diplomatischer Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer:

Neugebauer Fritz (GÖD – Gewerkschaft Öffentlicher Dienst)
Ein wertvoller Diskussionsanstoß.

Arthofer Katja (ORF)
Sind Sie dafür?

Neugebauer Fritz (GÖD – Gewerkschaft Öffentlicher Dienst)
Die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.

Arthofer Katja (ORF)
Der ÖVP-Abgeordnete August Wöginger weiß aber jetzt schon:

Wöginger August (ÖVP)
Natürlich ist es unser Bestreben, mehr Frauen ins Parlament zu bekommen, aber da gibt es andere Wege, als wie, dass man sie im Gesetz regelt. Die gesetzliche Quote wird gar nicht erfüllbar sein in den einzelnen Wahlkreisen.

Arthofer Katja (ORF)
Wenig Zustimmung für ihren Vorschlag nach einer gesetzlichen Frauenquote für das Parlament bekommt die ÖVP-Frauensprecherin aber auch von den männlichen Abgeordneten der SPÖ, dafür aber eine Portion Zynismus. Finanzsprecher Kai Jan Krainer:

Krainer Kai Jan (SPÖ)
Offensichtlich setzt sie sich nicht in der eigenen Partei durch und braucht deswegen, sage ich einmal, die gesetzliche Basis, die für alle gilt.

Arthofer Katja (ORF)
Im Gegensatz zur Frauenministerin der eigenen Partei gegen eine gesetzliche Quote und für eine parteiinterne Regelung spricht sich auch SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter aus und hat einen guten Rat für die Volkspartei:

Matznetter Christoph (SPÖ)
Ich habe es natürlich als SPÖ-Politiker um vieles leichter als ÖVP-Politiker – wir haben diese verpflichtende Quote im Statut der SPÖ bereits seit einigen Jahren, und wir versuchen das auch und es ist auch fast flächendeckend so, dass wir es auch erfüllen, die ÖVP wäre gut beraten, in ihrem Statut gleich eines zu machen und da könnte die ÖVP, unser Koalitionspartner, durchaus von uns lernen.

Arthofer Katja (ORF)
Und mit einem ganz eigenen Argument gegen eine gesetzliche Frauenquote bei der Listenerstellung für das Parlament spricht sich auch der Freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl aus:

Kickl Herbert (FPÖ)
Ich glaube, es soll jede Partei das Angebot an die Wählerinnen und Wähler so gestalten, wie sie es für richtig hält. Wir haben uns dazu entschlossen, in weiterer Folge mehr Frauen, als wir es in der Vergangenheit getan haben, zu kandidieren – aber ich will niemandem vorschreiben, wie er es hält. Stellen Sie sich in Zukunft vielleicht einmal eine Männerpartei vor, wie soll das dann gehen mit einer verpflichtenden Frauenquote?

Arthofer Katja (ORF)
Und auch Sigisbert Dolinschek vom BZÖ will keine Frauenquote für das Parlament:

Dolinschek Sigisbert (BZÖ)
Wie die Erfahrung zeigt, ist es immer schwierig, Frauen auch dazu zu gewinnen, auch zu kandidieren, egal, ob das jetzt auf Gemeindeebene, auf Bundesebene oder auf Landesebene ist.

Arthofer Katja (ORF)
Sie sagen also, quasi, die Frauen sind schuld, dass so wenig im Nationalrat sind.

Dolinschek Sigisbert (BZÖ)
Sie sind nicht schuld, es ist einfach diese breite Masse bei den Frauen nicht da, kandidieren zu wollen.

Arthofer Katja (ORF)
Mit diesem Argument fängt der Grüne Abgeordnete Karl Öllinger gar nichts an:

Öllinger Karl (Die Grünen)
Es ist absolut grotesk! Die Quote braucht es auch wegen der Männer. Es ist nicht gut, wenn die Männer da im Parlament oder auch in den Betrieben nur unter sich die Sachen ausmachen – und es kommen nicht immer die besten Männer dadurch zum Zug.

Arthofer Katja (ORF)
Sagt Öllinger und spricht sich als einziger der von uns heute befragten männlichen Abgeordneten für die Frauenquote aus. Nicht nur, aber vor allem auch in ihrer eigenen Partei muss die ÖVP-Frauensprecherin also offenbar noch viel Überzeugungsarbeit leisten.

Maiwald Andrea (ORF)
Mehr Frauen in die Politik holen, ein wertvoller Diskussionsanstoß, wie ein männlicher Abgeordneter sagt. Eine Diskussion, die allerdings schon ziemlich lange dauert.
ZIB 17

Veit Hannelore (ORF)
Heute jährt sich der Internationale Frauentag zum einhundert-ersten Mal. Weltweit wird an diesem Tag auf die gleichen Rechte von Männern und Frauen aufmerksam gemacht, vor allem auch auf die vielen Bereiche, wo Frauen noch darum kämpfen müssen.

Zohner Claudia (ORF)
Hier auf den Philippinen demonstrieren hunderte Frauen für ein besseres Gesundheitssystem und vor allem mehr Aufklärung beim Thema Familienplanung und Verhütung.

OFF Sprecherin (ORF)
Nicht die Kirche oder der Staat sollen über unsere Körper bestimmen – sondern wir Frauen.

Zohner Claudia (ORF)
In der Türkei machen ukrainische Aktivistinnen auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam und werden bei ihrem Protest selbst Opfer von Gewalt. Das Recht auf Arbeit müssen sich diese Polizistinnen im afghanischen Kandahar jeden Tag erkämpfen – sie tauschen die Burka gegen die Polizeiuniform, um für mehr Sicherheit für Frauen sorgen zu können und riskieren dabei ihr Leben. Für sie alle ist der Frauentag eine Möglichkeit, auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

ZIB 1

Zimmermann Marie-Claire (ORF)
Wäre alles eitel Wonne, es gäbe ihn schon längst nicht mehr – den internationalen Frauentag. Zum hundert-und-ersten Mal findet er heute statt – eben weil Frauen in vielen Bereichen nicht den Männern gleichgestellt sind. Das fällt auch auf, wenn man sich zum Beispiel jene Institutionen ansieht, die eigentlich das Volk repräsentieren sollen – die Parlamente: In Österreich sind von den 183 Nationalratsabgeordneten derzeit 51 Frauen, das ist ein Anteil von 28 Prozent. Unter den 27 EU-Staaten liegt Österreich damit an achter Stelle – hinter Deutschland, Spanien und den Niederlanden, und deutlich entfernt vom EU-Spitzenreiter Schweden, wo 45 Prozent der Parlamentarier Frauen sind. In den letzten Jahrzehnten ist der Frauenanteil unter Österreichs Mandataren zwar gestiegen – von 5 Prozent nach dem zweiten Weltkrieg auf immerhin 34 Prozent im Jahr 2002 – bis heute ist er aber wieder leicht gesunken. Davon, dass Frauen ihrem Anteil in der Bevölkerung entsprechend, da sind es 51,3 Prozent, im Nationalrat vertreten sind, kann also keine Rede sein. Was Forderungen nach Quoten oder überhaupt politische Forderungen am Frauentag bringen, das hat sich Rosa Lyon angesehen:

Lyon Rosa (ORF)
Mehr davon und mehr davon – das wollen alle politischen Parteien, sagen sie zumindest. Die einen freiwillig, die anderen verpflichtend. Nicht zu übersehen sind heute die Forderungen der Grünen – denn auch dieses Jahr wird rund um den Frauentag auch hier wieder etwas lauter über Gleichberechtigung diskutiert: Von der Quote über das Schließen der Lohnschere bis hin zum Papa-Monat beziehungsweise drei Papa-Monaten.

Mikl-Leitner Johanna (ÖVP)
Hier gilt es, Lösungen zu finden, die positive Auswirkungen haben auf die Familie und positive Auswirkungen haben auf die Wirtschaft.

Lyon Rosa (ORF)
Auch wenn Studien wie diese aktuelle zeigen, dass Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen höhere Gewinne schreiben, ist die gläserne Decke nach wie vor Realität. Eine EU-weite, verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten will nun EU-Kommissarin Reding.

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Ich hoffe darauf, dass wir diesen Rückenwind nützen in Österreich und eine gesetzliche Quote, die ich mir ja immer schon gewünscht habe für Aufsichtsräte, installieren in Österreich.

Lyon Rosa (ORF)
Warum braucht es den EU-Rückenwind?

Heinisch-Hosek Gabriele (SPÖ)
Weil ich bisher drei Schritte vor, zwei zurück, noch nicht soweit bin, wie ich gerne wäre.

Lyon Rosa (ORF)
Morgen ist er wieder vorbei, der Frauentag. Beginnt damit das Männerjahr? Ja, sagt die Unternehmensberaterin Gundi Wentner. Schließlich sitzen die konservativen Rollenbilder in Österreich tief.

Wentner Gundi (Deloitte – Institut für Unternehmensberatung Gesellschaft m.b.H)
Es bräuchte eine gleiche, also 50:50-Beteiligung sowohl der Frauen an Macht, Geld, in der Wirtschaft, in der Politik, aber auch der Männer an der unbezahlten und teilweise sehr unterbewerteten gesellschaftlichen Arbeit.

Lyon Rosa (ORF)
Bis es soweit ist, werden wohl noch einige Frauentage vergehen.

ZIB 2

Lorenz-Dittlbacher Lou (ORF)
Der Abschied von Christian Wulff war vermutlich das emotionalste Thema in Deutschland heute. In Österreich gehörte – zumindest wenn man in Internet-Foren oder auf Soziale Netzwerke schaut – der Internationale Frauentag zu den meistdiskutierten Themen. „Wem nützt das?“, „Wer braucht das?“ waren die freundlichsten Kommentare auf der einen Seite. Kämpferische Töne gab es auf der anderen. Wir nehmen heute eine Berufsgruppe unter die Lupe, die auf den ersten Blick gar keine Probleme haben dürfte, weil sie es sozusagen geschafft hat, erfolgreich in eine Männerdomäne eingedrungen ist – die Politikerinnen. Meine Kollegin Julia Ortner war in Niederösterreich an der Basis unterwegs und hat gesehen, dass die Wahrheit etwas anders ausschaut:

Ortner Julia (ORF)
Haslau-Maria Ellend, bitte nur nicht Maria Elend dazu sagen. Hier wohnen 1870 Menschen, es gibt eine Volkschule, drei Kindergärten, eine Kirche, eine Wallfahrtsgrotte und mehr als ein Wirtshaus. Und diese Gemeinde ist so etwas wie ein feministisches Pioniergebiet am flachen Land – mit zwei Frauen an der Spitze. Das ist Birigt Ponath, Bio-Catering-Unternehmerin und Vizechefin der Ortschaft. Sie regiert hier gemeinsam mit SPÖ-Bürgermeisterin Elisabeth Scherz. Heute seien sie unbestritten, sagt Ponath – aber bei ihrem Antreten 2009 habe es von manchen Herren schon Bedenken gegeben, ob so was gutgehe, gleich zwei Chefinnen.

Ponath Birgit (SPÖ)
Als Frau versucht man viel unter einen Hut zu bringen. Die Erziehung der Kinder, das ganze Zeitmanagement. Schafft die das? Hat die die Zeit? Hat sich auch die Qualifikation?

Ortner Julia (ORF)
Hier an der Basis, in der Gemeinde, haben Politikerinnen also ganz ähnliche Probleme wie die Kolleginnen im Parlament – nur ist der Boden hier noch härter für Frauen. In Österreich gibt es nur fünf Prozent Bürgermeisterinnen unter den Ortschefs. Dafür seien allerdings auch die Frauen mitverantwortlich, die sich generell zu wenig zutrauen. Das war auch bei ihr selbst anfangs so, sagt Ponath.

Ponath Birgit (SPÖ)
Dass ist glaube ich das, was auch Frauen lernen müssen: Eben mit einer gewissen härte oft hinein zu gehen und sich nicht immer für die eigene Sichtweise rechtfertigen, was man dann oft sehr gerne tut.

Ortner Julia (ORF)
Genau mit diesen Fragen hat sich Barbara Blaha gemeinsam mit Sylvia Kuba in das „Ende der Krawattenpflicht“ beschäftigt. Beide waren Studentenvertreterinnen, bis sie aus Protest gegen die Beibehaltung der Studiengebühren ihr SPÖ-Parteibuch zurückgaben.

Blaha Barbara (Privat)
Wir wollen, dass ein Politiker durchsetzungsstark ist, er soll konfliktfreudig sein, er soll ruhig auch einmal auf den Tisch hauen können – das sind Dinge, die wir in der Politik erwarten. Es sind aber durchwegs Eigenschaften, die wir nicht Stereotyp-Frauen zuschreiben würden und deshalb befinden sie sich permanent in einer Zwickmühle. Die Wissenschaft nennt das den „Double Bind“. Das heißt, egal wie sich sich verhalten, sie werden jedenfalls mit Kritik konfrontiert.

Ortner Julia (ORF)
Und was müsste sich abseits von Quoten ändern, damit Frauen in der Politik besser vorankommen?

Blaha Barbara (Privat)
Das beginnt bei klar festgelegten Sitzungsdauern und endet bei der Frage von: wie viele endlose Debatten muss man sich denn antun, bevor man sich die Meriten verdient hat, um ein Mandat zu erringen?

Ortner Julia (ORF)
Manche Politikerinnen sollten sich wohl auch im Umgang mit Machtfragen üben.

Ponath Birgit (SPÖ)
Frauen haben glaube ich einen anderen Fokus. Da steht immer die Sache im Vordergrund auch, ja. In der Politik zum Beispiel gewisse Sachen, die man erreichen möchte.

Ortner Julia (ORF)
Also haben Frauen auch ein gestörtes Verhältnis zur Macht, im Gegensatz zu den Männern?

Ponath Birgit (SPÖ)
Wahrscheinlich – oder sie definieren den Machtbegriff anders.

Ortner Julia (ORF)
Zumindest in Maria Ellend hat sich diese neue Macht schon durchgesetzt.
Lorenz-Dittlbacher Lou (ORF)
Da wir in der ZiB 2 ja Freundinnen und Freunde der Gleichberechtigung sind, uns immer alle Seiten einer Geschichte anhören, kommen wir jetzt also von den Benachteiligungen der Frauen zu denen der Männer. Die sind zwar ganz anders gelagert, auch nicht so weit verbreitet und lange nicht so verkrustet wie die der Frauen, aber es gibt sie. Und sie finden sich im zweiten Männerbericht, den das Sozialministerium still und heimlich an das Parlament weitergeleitet hat, ohne ihn der Öffentlichkeit zu präsentieren. Wir haben ihn trotzdem. Dominik Wurnig über fehlende Identifikation und Vorurteile.

Wurnig Dominik (ORF)
Er ist die Ausnahme. Sven Walenta gehört zu den 1,6 Prozent männlichen Kindergartenpädagogen. Bei Kindern unter zehn Jahren gehören männliche Pädagogen, ob im Kindergarten oder in der Schule, zur absoluten Ausnahme. Das kritisiert der neue Männerbericht des Sozialministeriums. Denn Buben und Burschen kommen, nicht zuletzt durch steigende Scheidungsraten, die männlichen Identifikationsfiguren abhanden. Mehr männliche Pädagogen würden den Kindern gut tun. Das niedrige Gehalt sei nicht der einzige Grund, wieso sich so wenige junge Männer entscheiden, Kindergartenpädagogen zu werden, sagt der Studienautor Reinhard Raml. Der Beruf…

Raml Reinhard (Ifes – Institut für empirische Sozialforschung)
… gilt generell als unmännlich. Man gerät quasi in Verdacht, gewisse sexuelle Orientierung zu haben, also homosexuell zu sein, aber auch, was auch eine Rolle spielt entsprechend diesen Studien, ist, dass man hier glaubt, auch einem Kindesmissbrauchsverdacht einmal ausgesetzt werden zu sein. Und, ja, das spielt eben eine große Rolle, diese Gemengelage an Vorurteilen.

Wurnig Dominik (ORF)
Sven Walenta ist seit 20 Jahren Kindergartenpädagoge. Er war nur am Anfang mit Vorurteilen konfrontiert.

Walenta Sven (Privat)
Ich denke mir, man muss, man muss ein gewisses Maß an Selbstvertrauen haben und dann kann man diese Vorwürfe oder diese Ängste belächeln.

Wurnig Dominik (ORF)
Das Berufsleben ist aber sowieso das Feld, in dem man sich die geringsten Sorgen um die Männer in Österreich machen muss. In den meisten Lebensbereichen geht es den österreichischen Männern sehr gut. Aber bei der Gesundheit gibt es Verbesserungsbedarf. Die Lebenserwartung von Männern ist 5,4 Jahre niedriger als die der Frauen. Männer ernähren sich weniger bewusst, trinken mehr Alkohol, leben ungesünder und gehen seltener zum Arzt. Und das beginnt schon in frühen Jahren.

Raml Reinhard (Ifes – Institut für empirische Sozialforschung)
Während bei den Mädchen im Alter von 13, 14 oder 15 Jahren quasi der Frauenarztbesuch auf dem Programm steht, wo man dann natürlich auch hier sich sehr stark mit der eigenen Gesundheit und dem eigenen Körper auseinandersetzt, fehlt dieser Schritt in jungen Jahren bei den Männern. Und muss dann, dauert dann oft bis zur, bis zur Musterung, wo dann die Männer das erste Mal wirklich gut durchgecheckt werden und wo es dann auch um gesundheitliche Fragen geht.

Wurnig Dominik (ORF)
In der Erziehung von Kindern gehen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander. Laut Studien wollen Väter mehr als sie tatsächlich tun. Fast zwei Drittel wünschen sich in Karenz zu gehen, in Wirklichkeit gehen gerade vier Prozent der Väter in Kinderkarenz. Dass Männer im Leben von Kindern eine größere Rolle spielen, bleibt also weiter in vielen Fällen Wunschdenken.

ZIB 24

Gadenstätter Lisa (ORF)
Und im Studio begrüße ich dazu die Gegnerin der Frauenquote, die Frauensprecherin der FPÖ, Carmen Gartelgruber, guten Abend.

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Guten Abend.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Und den Quoten-Befürworter, den Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger, guten Abend.

Öllinger Karl (Die Grünen)
Guten Abend.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Frau Gartelgruber, warum sind Sie gegen eine Frauenquote?

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Also ich möchte jetzt einmal vorab sagen, ich bin dafür, das natürlich mehr Frauen im Nationalrat sind, ich spreche mich natürlich auch dafür aus, dass Frauenrechte geachtet und respektiert werden. Aber dieses Reißverschlusssystem, das jetzt hier vorgeschlagen worden ist, erachte ich nicht als das richtige Instrument dafür. Ich finde es eher entwürdigend, das wir jetzt hier Frauen so hinstellen, als wären sie nur minderwertige Objekte, die unbedingt eine Hilfe brauchen, um auch in diese Machtposition zu kommen, und das stört mich eigentlich sehr.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Aber jetzt schaut es bei der FPÖ auch nicht gerade rosig aus, von 37 Mandataren sind gerade einmal sechs Frauen. Gibt es denn in der FPÖ nicht mehr Frauen, die für den Job geeignet wären?

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Natürlich gibt es die und ich kann Ihnen auch versichern, dass wir das nächste Mal bei der Nationalratslistenerstellung sicher mehr Frauen auch ohne Quote in die Position bringen werden. Aber ich spreche mich generell gegen eine Quote, so wie sie jetzt vorgeschlagen ist, aus.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Herr Öllinger, fühlen sich die Gründen gedemütigt?

Öllinger Karl (Die Grünen)
Ganz sicher nicht, wir haben beste Erfahrungen mit der Quote, ich sorge mich eigentlich mehr um die Männer, vor allem bei den Freiheitlichen. Das sind einfach zu viele. Ich glaube, dass es keinem Gremium, egal ob das ein Unternehmen oder auch der Nationalrat oder die Bundesregierung oder eine Landesregierung gut tut, wenn nur Männer oder hauptsächlich Männer unter sich sind.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Was können den Frauen besser?

Öllinger Karl (Die Grünen)
Sie können bestimmte Qualitäten einbringen, die schon allein darin bestehen, dass sie sich mehr verantwortlich fühlen, kann man auch darüber diskutieren, für Kinderbetreuung et cetera, dass einfach ein anderer Rhythmus für ein Unternehmen, für einen Betrieb, auch für eine politische Organisation notwendig ist. Kann mich noch gut erinnern, als bei uns Eva Glawischnig das erste ihrer kleinen Kinder hatte, bekommen hatte, da war auf einmal die Notwendigkeit da, dass wir umgehen müssen damit, dass eine Frau unter uns ist, die ihr Kind auch mitbringt in die Sitzung, und das war für die Sitzung und für die Sitzungskultur durchaus gut.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Jetzt leisten Sie ja definitiv eine Vorbildwirkung, 50 Prozent Frauenquote, allerdings in der Landesregierung schaut es anders aus. In Oberösterreich, Schwarz-Grün eine Landesregierung, es gibt neun Mitglieder, eine Frau, die ist von der ÖVP. Warum haben Sie denn da keine Vorbildwirkung gezeigt, wenn Ihnen die Frauenquote so wichtig ist?

Öllinger Karl (Die Grünen)
Na ja, wir können nicht für alle Fehler dieser Republik gerade stehen, es gibt eben nur ein Mitglied in Oberösterreich in der Landesregierung, das ist Rudi Anschober, man kann natürlich auch darüber diskutieren, aber da ist der Spielraum natürlich sehr begrenzt, im Prinzip denke, dass es wirklich notwendig ist hier eine gesetzliche Quote einzuführen. Ich bin auch der Frau Schittenhelm sehr dankbar dafür, dass sie den Mut hatte das offen anzusprechen, nämlich eine verbindliche Quote einzufordern. Es geht einfach nicht mehr, und das hat der Beitrag ja auch illustriert, dass jetzt schon Jahrzehnte davon die Rede ist und nichts passiert.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Es passiert nichts, aber fragen wir einmal die Frau Gartelgruber, Sie sprechen sich gegen ein Quote aus, wollen aber mehr Frauen in Führungspositionen. Wie soll das gehen?

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Ich glaube es ist jetzt an der Zeit, dass wir auch gesellschaftspolitisch schauen, was passiert und welche Werte und welche Stellung hat die Frau in Österreich. Hier sollten wir einmal ansetzen und ich glaube, dass genau hier das Reißverschlusssystem nicht das richtige Instrument dafür ist, das zu ändern.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Aber was sagt das denn für die Stellung der Frau aus, wenn man sich die Verteilung in der FPÖ anschaut, wenn nur sechs Frauen von 37 Mandataren?

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Noch einmal, ich habe Ihnen das zuerst schon ausgeführt, wir werden sicher das nächste mal mehr Frauen haben, das ist ganz was Selbstverständliches und auch mein Chef, Heinz-Christian Strache, ist natürlich bemüht, mehr Frauen in die Politik zu bringen und auch mehr Frauen in den Nationalrat zu bringen, aber das ohne Zwang. Ich will nicht, dass Frauen hier populistisch missbraucht werden und die Wahlfreiheit, die ihnen eigentlich zugestanden wird, oder zugestanden werden soll, hier abgesprochen wird, indem man ihnen eine Lebensplanung vorgibt, die für sie vielleicht gar nicht geeignet ist.

Öllinger Karl (Die Grünen)
Aber es wird doch niemand gezwungen, Frau Gartelgruber, niemand wird gezwungen, Abgeordneter oder Abgeordnete zu werden. Es ist die Ellbogentechnik und wahrscheinlich das bessere Netzwerk und das Draufsitzen auf der Macht oder auf Positionen, das dazu führt, dass die Männer einfach sagen: Wir sind gut genug, wir können das sowieso besser. Vor 100 Jahren…

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Aber dass Sie das jetzt gerade sagen, Herr Öllinger, das gefällt mir sehr gut, weil Sie wissen, ich bin ja Tirolerin und gerade bei Ihnen kommt ja der Zuruf aus Tirol, dass Ihre Parteichefin abgelöst werden soll von einem Mann und von einem Mann ersetzt werden soll. Ich glaube, das ist jetzt auch nicht der richtige Weg, wie man mit Frauen umgehen soll und auch nicht bei Ihnen, oder wenn man sich ansieht beim Korruptionsausschuss, da wo man ja auch das Gefühl hat, dass ja jetzt nicht die Kollegin Moser den führt, sondern in indirekten Aussagen der Herr Pilz den Ausschuss führt. Also da kommt ja auch das Gefühl rüber, dass die Frauen da bei Ihnen nicht diese Wertschätzung haben, wenn aus Zurufen von anderer Seite hier abgewertet werden.

Öllinger Karl (Die Grünen)
Egal ob das ein männlicher oder eine weibliche Vorsitzende ist, jeder hat das Recht natürlich Kritik zu üben, es kommt auf die Form an. Die Kollegin Moser macht das sehr gut und die Eva Glawischnig detto.

Gadenstätter Lisa (ORF)
Da muss ich mich ganz kurz einmischen, es gibt ja wirklich immer diesen Vorwurf, Quotenfrau. Geht es denn dabei einer Frauenquote wirklich um die Qualität oder doch mehr um die Quantität?

Öllinger Karl (Die Grünen)
Ich kann es nur von uns sagen, es hat uns gut getan, es hat sicher nicht zu einer Qualitätsminderung geführt, im Gegenteil, Männer müssen sich auch anstrengen innerhalb des Quotensystems. Das ist, das ist sicher kein Nachteil, also ich denke da in erster Linie an die Männer und eine Organisation, die sagt, Hauptsache wir Männer haben das in der Hand, produziert nicht unbedingt die besten Männer. Tut mir leid Frau Kollegin Gartelgruber, das sehe ich ja an der FPÖ.

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Also Sie wollen jetzt sagen, dass unser FPÖ-Klub nicht die beste Arbeit macht? Also ich spreche mich sehr aus, ich glaube vom Chef abwärts bis in die letzte Reihe…

Gadenstätter Lisa (ORF)
Gut, darüber wollen wir jetzt nicht sprechen, wer welche Arbeit macht. Frau Gartelgruber, wir haben ja gesehen, in Norwegen funktioniert es super, die haben seit Jahren eine 40-prozentige Frauenquote, in Frankreich, haben wir gehört im Beitrag, wird es immer besser durch die Frauenquote. Warum funktioniert das in so vielen anderen Ländern, es wird in Spanien, Island, Frankreich, Niederlande, Belgien, Italien gibt es verschiedene Formen von Frauenquoten, wir sind in Österreich wirklich sehr weit hinten, im hinteren Fünftel, woran liegt das, dass es in Österreich nicht funktioniert?

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Das muss ich jetzt ein bisschen relativieren, in Frankreich gibt es jetzt 18,5 Prozent Frauen in der Nationalversammlung, mit der Quote. Also das muss man schon sagen…

Gadenstätter Lisa (ORF)
Trotzdem ein Fortschritt…

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Ja, aber bitte wir haben 28 Prozent, fast 29 Prozent ohne Quote und wir waren schon einmal besser. Und wenn Sie schon auf Norwegen kommen, und vielleicht sprechen Sie hier auch die Aufsichtsräte an, da sieht man ja auch, dass diese Aufsichtsrätinnen, die diese Arbeit ausfüllen, ja schon einen Spitznamen haben, weil das ja mehrere Frauen sind, die verschiedene Aufsichtsratsposten besetzen, so dass eine Frau mehrere Aufsichtsratsposten macht, damit die Quote erfüllt ist, und das kann ja auch nicht im Sinn der Sache sein.

Öllinger Karl (Die Grünen)
Frau Kollegin Gartelgruber, das machen doch bei uns die Männer. In allen Aufsichtsräten sitzen Männer mit sieben, acht, neun, zehn Aufsichtsratsfunktionen…

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Aber wir sprechen jetzt hier von der Frauenquote…

Öllinger Karl (Die Grünen)
…also das jetzt den Frauen vorzuwerfen…

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
…nein, nein, nein, ich möchte qualifizierte, gute ausgebildete Frauen in der Politik haben, und wenn Sie sagen, Männer, ja, dann, ich glaube es ist berechtigt Ihr Vorwurf, dass Sie jetzt bald einmal eine Männerquote bei Ihnen brauchen, weil bei Ihnen die Frauen so dominant sind.

Öllinger Karl (Die Grünen)
Aber nein.

Gadenstätter Lisa (ORF)
50:50 ist ja nicht wirklich dominant, aber eine Frage noch zu dieser ganzen Quotendiskussion, die mich ja wirklich interessieren würde. Es ist zwar wirklich gut und schön darüber zu diskutieren, aber so lange sich in Österreich an der Familienpolitik und an der Kinderbetreuung nichts ändert, bringt jede Quote, die noch so gut sein mag, nicht wirklich was. Müsste man nicht wirklich was auch von den Grünen sagen, wir setzen der Familienpolitik, bei Kinderbetreuung mehr an?

Öllinger Karl (Die Grünen)
Das haben wir auch getan und gemacht und auch immer wieder eingefordert. Sie haben völlig Recht, natürlich müssen die Voraussetzungen was die Kinderbetreuung, den Zugang zu Kinderbetreuungseinrichtungen betrifft, sich ändern. Es müssen sich aber auch, und darauf hoffe ich, Unternehmen ändern, es muss sich die Betriebskultur, es müssen sich Arbeitsverhältnisse ändern. So wie das derzeit läuft, sind die Systeme, Unternehmen, Politik, auch unverträglich, und zwar nicht nur für Frauen, sondern eigentlich für jeden Menschen sehr häufig, und da sollte sich die Kultur ändern und da hoffe ich, dass die Frauen mehr als die Männer diese Qualität einbringen, nicht nur so zu sagen innerhalb dieses Systems zu denken und auf das Vorwärtskommen innerhalb des Systems zu denken, weil sie eben mehr als Männer auch noch andere Interessen vor den Augen haben.

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Da bin ich ganz bei Ihnen, die Qualität der Kinderbetreuung ist bei uns einfach nicht die beste…

Öllinger Karl (Die Grünen)
Das würde ich nicht unbedingt…

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
…ja, auch die Rahmenbedingungen und auch in der Flexibilität…

Gadenstätter Lisa (ORF)
Zumindestens in der Frage, zumindestens in der Tatsache, dass wir mehr Kinderbetreuung und Familienpolitik brauchen, sind Sie sich beide einig. Wir müssen leider schon abbrechen, wir sind schon über der Zeit. Frau Gartelgruber, Herr Öllinger, vielen Dank für den Besuch im Studio.

Öllinger Karl (Die Grünen)
Danke.

Gartelgruber Carmen (FPÖ)
Danke auch.