Ö1: Künstliche Befruchtung auch für lesbische Paare
Dass sich lesbische Frauen in Österreich nicht künstlich befruchten lassen dürfen, auch wenn sie in einer eingetragenen Partnerschaft leben – dagegen hat ein lesbisches Paar geklagt und vom Obersten Gerichtshof Recht bekommen. Der hat jetzt die Aufhebung des Verbots beim Verfassungs-Gerichtshof beantragt. Die Politik reagiert darauf unterschiedlich.
Für Freude bei Homosexuellen-Vertretern hat jüngst der Oberste Gerichtshof gesorgt. Laut derzeitiger Rechtslage ist es in Österreich lesbischen Frauen, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, verboten, sich künstlich befruchten zu lassen. Dagegen hat ein lesbisches Paar geklagt – und vom Obersten Gerichtshof recht bekommen. Er hat beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung des Verbots beantragt. Unterschiedlich die Reaktionen darauf bei der Politik.
FPÖ dagegen
Wenn lesbische Frauen mittels künstlicher Befruchtung ein Kind bekommen, dann widerspricht das in den Augen von FPÖ-Familiensprecherin Anneliese Kitzmüller der familienpolitischen Logik. Die FPÖ lehne das gesellschaftspolitische Experiment ab und hofft auf eine Ablehnung durch den Verfassungsgerichtshof.
BZÖ wartet ab
Traditionell konservativ in dieser Frage ist auch das BZÖ. Wenngleich Justizsprecher Ewald Stadler sich vorerst in Zurückhaltung übt. Er wolle erst die Entscheidung abwarten.
ÖVP folgt Verfassungsgericht
Kein Hehl aus seiner Skepsis macht auch ÖVP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer. Die Volkspartei stand seinerzeit, als die Details zur eingetragenen Partnerschaft für homosexuelle Paare verhandelt wurden, auf der Bremse und wollte eher weniger als mehr. Die Empfehlung des OGH, das Verbot der künstlichen Befruchtung für lesbische Frauen aufzuheben, ändert nichts an seiner Haltung. Donnerbauer sagt, es sei sinnvoll, dass medizinisch unterstütze Fortpflanzung im Regelfall dazu führen sollte, dass Mutter und Vater dem Kind zur Verfügung stünden und nicht alle anderen Varianten möglich seien.
Sollte der Verfassungsgerichtshof das Verbot aufheben, wäre das eine Blamage für die ÖVP? Nein, sagt Donnerbauer. Denn in juristischen Dingen könne man durchaus verschiedener Meinung sein. Klar sei jedenfalls, dass Erkenntnisse des Verfassungsgerichts zu berücksichtigen seien, nur gebe es das Erkenntnis bis jetzt noch nicht.
SPÖ für Aufhebung des Verbots
Die SPÖ hätte eine Freude damit, wenn der Verfassungsgerichtshof der Empfehlung des Obersten Gerichtshofes folgte und lesbischen Frauen eine künstliche Befruchtung ermöglichte. Justizsprecher Hannes Jarolim sagt, das Verbot sei im europarechtlichen Sinn Unrecht, die Diskussion müsse jetzt weitergeführt werden. Auf die Frage warum dann die SPÖ dem geltenden Gesetz zugestimmt habe, meint Jarolim, dass man sich bei Verhandlungen nicht immer hundertprozentig durchsetzen könne. Jarolim ist zuversichtlich, dass das Verbot bald aufgehoben wird. Es würde ihn wundern, dass im Lichte der Entscheidung des Gerichtshofs für Menschenrechte der Verfassungsgerichtshof in Österreich anders entscheiden würde.
Auch Grüne dafür
Ähnlich Albert Steinhauser von den Grünen, der es ebenfalls begrüßen würde, wenn verpartnerten Lesben eine künstliche Befruchtung möglich wäre. Er sei sich sicher, dass der Verfassungsgerichtshof das Fortpflanzungsverbot für verfassungswidrig erklären wird.
Entscheidung im Herbst
Jetzt liegt also der Ball beim Verfassungsgerichtshof. Der OGH geht davon aus, dass das Höchstgericht noch vor dem Herbst entscheiden wird.
Ö1 Bericht vom 16.04.2011 oe1.orf.at
dieStandard: Verbot der Fortpflanzung für Lesben diskriminierend