Hohes Haus vom 11.12.2011: Textänderung der Bundeshymne
Pawlicki Patrizia (ORF)
Es ist soweit, die Aufregung um das kleine, aber so wichtige Wort „Töchter“ ist beendet. Nach jahrelangen Debatten werden ab jetzt auch die Töchter des Landes in der Bundeshymne besungen. Zuletzt sorgte ja im Sommer ein diesbezüglicher Antrag der damaligen Noch-Abgeordneten und früheren Frauenministerin Maria Rauch-Kallat für Wirbel. Mit Dauerreden verschleppten nette ÖVP-Kollegendas Anliegen von Rauch-Kallat, verhindern konnten sie es aber nicht. Jetzt ist der neue Text beschlossen und die neue Hymne hatte gleich in der Säulenhalle des Parlaments sogar Weltpremiere. Bettina Tasser war mit ihrem Au-, Ohr dabei:
Tasser Bettina (ORF)
Heimat großer Töchter und Söhne, dass ist die neue Version der Bundeshymne, vorgetragen am Mittwochabend vom Piaristenchor. Kurz davor ist der Text beschlossen worden. Anläufe die Hymne geschlechtsneutral zu texten gab es schon mehrere, 1995 etwa von der Wiener Künstlerin Sandra Kreisler. 2005 geben die Wiener Sängerknaben für den Report eine Probe und Christina Stürmer versucht sich schließlich 2010 daran. Im Juli wird ihr Antrag noch von den ÖVP-Männern nieder-geredet, am Mittwoch beobachtet die ÖVP-Abgeordnete Maria Rauch-Kallat die kakophonische Debatte schließlich von der Galerie aus:
Wurm Gisela (SPÖ)
Wir beschließen heute die Hymne in einem Bundesgesetz und wenn jetzt die großen Töchter mit-besungen werden, dann ist es nur gut und wichtig und richtig.
Petzner Stefan (BZÖ)
Wir stehen zu dieser österreichischen Bundeshymne, weil wir den Standpunkt haben, dass das gewachsenes, historisch auch gewachsenes Liedgut ist, dass man nicht umdichten, schrei-, nicht umdichten und nicht umschreiben kann, wie es einem gerade passt. Geschichte kann man nicht rückgängig machen, Geschichte kann man nicht umschreiben, sondern es hat ja einen Grund, dass sie so geschrieben ist, wie sie geschrieben ist.
Schittenhelm Dorothea (ÖVP)
Am 22sten Oktober 1946 wurde der Hymnentext von Paula Preradovic geschrieben, dieser Text wurde kurz darauf wiederum verändert, dass heißt das der Text, den wir heute als historisch bezeichnen und als Originaltext bezeichnen, nicht wirklich der Originaltext von Paula Preradovic ist, denn im Originaltext von Paula Preradovic hieß es zum Beispiel in der ersten Strophe: „Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Hämmer, Dome, arbeitsam und Lieder-reich, großer Väter freie Söhne“. Das war der Originaltext und in der dritten Strophe, meine Damen und Herren: „…aber in die neuen Zeiten, sie uns festen Glaubens streiten, stolzen Muts und hoffnungsreich“ es wurden mehrere Zeilen komplett verändert.
Strache Heinz-Christian (FPÖ)
Ich sage das ist genauso, wie wenn man in Zukunft andere historische Texte ändern würde, wenn man bei Schiller, Ode an die Freude, also der Europa-Hymne, wo es da heißt: „alle Menschen werden Brüder“ dann in Zukunft her geht und sagt: Nein, jetzt müssen wir das umtexten, alle Menschen werden Geschwister, wen es nach Ihnen geht, da muss man überhaupt wahrscheinlich die ganze Literatur ändern, oder Mann ohne Eigenschaft von Robert Musil wird dann wahrscheinlich dann der Mann und die Frau ohne Eigenschaften in Zukunft heißen, die Räuber und die Räuberinnen auch bei Schiller. Man hat ja fast den Eindruck, am besten wäre die Hymne überhaupt, angesichts der Trauer-Theaters dahingehend zu ändern , dass man her geht und gleich sagt: „Oh du lieber Augustin, alles ist hin“.
Schwentner Judith (Die Grünen)
Ich verstehe auch eines nicht: diese große Aufregung wenn dieses kleine Wort „Töchter“, dieses kleine und wie ich finde sehr, sehr wichtiges Wort Töchter mit dermaßen großen und schweren Geschützen anzufahren zeigt wohl, dass da ganz viel Angst im Spiel ist. Ich kann es mir sonst nicht erklären. Was ist das, außer eine Riesen-Angst, dass die Töchter jetzt in der Hymne da sind, dass wir Töchter mitsingen, dass wir „Söhne und Töchter“ singen, beziehungsweise „Töchter und Söhne“ künftig. Was ist da so schlimm daran?
Tasser Bettina (ORF)
Die großen Töchter werden mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen in die Hymne aufgenommen, der Ausdruck „Bruderchöre“ wird durch „Jubelchöre“ ersetzt.
Neugebauer Fritz (ÖVP)
Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Abgegebene Stimmen 151, davon „Ja“-Stimmen 112, „Nein“ 39, der Gesetzesentwurf ist somit in zweiter Lesung angenommen.
Prammer Barbara (SPÖ)
Ja, super, es ist einfach gut zu wissen, dass etwas, das schon so lange hätte passieren können und stattfinden können nun endlich über die Bühne ist und das wir wirklich im 21sten Jahrhundert angekommen sind.
Pawlicki Patrizia (ORF)
Den Worten der Nationalratspräsidentin ist nichts hinzuzufügen.